FRISCH UND HAUSGEMACHT: Männer machen Worscht
Dass der Wein im Dorotheenhof, seit der Winzermeister Thorsten Dienst die Verantwortung übernommen hat, zur Spitzenklasse im Rheingau gehört, wissen wir ja schon lange. Und dass es in der Straußwirtschaft leckeres Essen gibt, wissen die Gäste auch. Das ist ja der Grund, warum es immer so gut besucht ist und wir uns freuen, wenn wir ein Platz bekommen. Wie letzten Sonntag: Da konnten wir einen schönen Tisch im Wintergarten ergattern.
Zu Zweit bekommt man ja immer einen Platz, da wird nach guter alter Sitte halt zusammengerückt oder man wartet kurz im kleinen ‚Bistro-Bereich‘, bis andere Gäste, die schon gezahlt haben, aufstehen. Zu Viert wird’s schon schwierig und zu Sechst reserviert man besser.
Natürlich steht der ausgezeichnete Riesling beim Weingut Dienst im Vordergrund. Als Andreas Warzecha, kurz der Andi, uns das Essen brachte, sagte er zu mir: „Tut mir leid, die Bratwurst ist heute vom Brauer, unsere Eigene ist aus. Wir machen erst Dienstag wieder welche“. Ich antwortete: „Brauer ist doch super. An Eurem Wurststand am Weinfest verkauft Ihr doch auch Wurst vom Brauer! Und die Warteschlangen sind immer lang.“ „Ja, aber hier in der Wirtschaft gibt’s sonst die Hausgemachte!“, sagte Andi.
Das finde ich cool, weil ich von Freunden aus verschiedenen Ecken Deutschlands und der Welt gehört habe, dass das „Wursten“ in der Nachfolge vom Grill-Hype echt im Kommen ist. Das will ich mal sehen.
Ein paar Minuten später saß ich an einem Tisch mit Andi und Thorsten und hörte einiges zum Thema: „Ich schneide die Schnitzel selbst. Dafür nehme ich gute ‚Schweinelachse‘ vom Metzger“, erzählt Thorsten und ergänzt: „dabei bleibt viel gutes Fleisch übrig und das kommt in die Bratwurst“. „Komm doch einfach am Dienstag vorbei“ sagt Andi.
Ich habe mich nicht zweimal bitten lassen und war darauf am Dienstagvormittag im Dorotheenhof. Die ersten Würste waren schon im Topf, als ich eintreffe. Es herrscht geschäftiges Treiben, hier dreht Hermann Dienst die Füllmaschine, dort werden die Würste vom Andi nach einer Marke auf der Edelstahloberfläche in der passenden Länge abgedreht. Jetzt sind die ersten Würste fertig werden vom Thorsten mit einem Stab aus dem Kessel geholt und über eine Stange gehängt.. Es dampft in der Wurstküche – ein deftiger Gaumenschmaus aus der gutbürgerlichen Küche!
Generationswechsel beim Wursten
Hermann Dienst bringt gerade den Jungs, wie er Thorsten und Andi nennt, die Wursterei bei. Schon seit 1964 wird auf dem Dorotheenhof nach dem traditionellen Hausrezept gewurstet. Und das soll so bleiben, wie die ‚Jungs’ mit Kopfnicken bestätigen. „Weil es nachhaltig über 50 Jahre erprobt und lecker ist und wenn Hermann mal nicht dabei ist, probieren wir mal wie Wurst mit Zitronengras schmeckt“, flachst Andi und erntet sofort entrüstete Blicke. „Und wenn die Jungs die Bratwurst auch ganz alleine so machen können wie ich, dann können sie auch mal experimentieren. Aber das dauert noch“, kontert Hermann. Die Stimmung ist gut hier. Es wird gearbeitet, gescherzt und gelacht. Thorsten schneidet eine noch warme Wurst in Stücke und alle probieren. Schnell sind wir uns einig. Die ist wieder gelungen. Alle sind sichtlich zufrieden: gutes Aussehen, gute Konsistenz, guter Geschmack. Gemeinsam wird das Werk auf die vorbereiteten Fleischerhaken eingehängt.
Nach dem Erfolg verabschiede ich mich und lasse die Männer weiterarbeiten.
Alles frisch und ohne Pulver
Thorsten begleitet mich und wir setzen uns noch einen Moment bei herrlichem Sonnenschein in den Wintergarten. „Meine Mutter steht drei Stunden pro Tag in der Küche und schnippelt und putzt die Salate und bereitet alles vor“, sagt Thorsten und ergänzt: „Bei uns wird alles frisch gemacht, mehrmals wöchentlich wird die Soße frisch aus Knochen gekocht – ohne Geschmacksverstärker, ohne Soßenbinder, ohne irgendein Pulver.“
Der Dorotheenhof betreibt ein Gutsausschank und hat damit alle Auflagen, Rechte und Pflichten einer Vollgastronomie, z.B. muss man, selbst wenn man alles frisch kocht, jeden Zusatzstoff in der Karte angeben. Auf der anderen Seite erwarten die Gäste Straußwirtschaftpreise. „Wir haben aber einen bedeutenden Vorteil gegenüber Restaurants und Gaststätten“, meint Thorsten „wir bekommen direktes ehrliches Feedback von unseren Gästen. Die sagen uns was Ihnen schmeckt und was nicht so.“
Das ist auch bei der Spezialität des Hauses, den Hacksteaks so. Die gibt es mit Zwiebeln als ‚Hamburger Art’ oder mit Käse überbacken als ‚Cheeseburger Art’. Aufgrund der hohen Nachfrage werden die Hacksteaks aber mittlerweile vom Metzger Brauer aus Delkenheim exklusiv nach traditionellen Hausrezept für den Dorotheenhof produziert. „Unsere Rezepte verwenden wir seit mehr als 40 Jahren und die belassen wir so, weil es uns einfach so schmeckt.“, verrät Thorsten. Und ich denke bei mir, die Gäste würden bei Änderungen wahrscheinlich ‚rebellieren’.
Die gelungene Integration von jüngeren Gästen ist einzigartig im Gutsausschank. Schon ab fünf Uhr nachmittags strömt das ältere Stammpublikum in die Wirtschaft. Viele gehen noch zum „Hermann“. Gegen halbacht/acht kommen jüngere Gäste zum „Thorsten“. Der Dorotheenhof ist ein gelungenes Beispiel für einen Generationenübergang mit gezielten Neuerungen, ohne mit den Traditionen zu brechen. Als Ergänzung gibt es neue Leckereien wie z.B. den Tapasteller zum selbst Zusammenstellen. mit Oliven, Sardellen, spanischer Trockenwurst, Würfeln aus Schafskäse oder Scampi in Knoblauchbutter.
WSJ fragt – Thorsten Dienst antwortet:
Was macht eigentlich der Wein?
Der 16er wird leichter, fruchtiger hat nicht so viel Alkohol wie der 15er. Der 16er ist leicht und angenehm in der Verarbeitung, hat eine gute Süße / Säure Ausgewogenheit. Kurz gesagt: Gesunde Trauben – kein Problem im Keller.
Wie war’s dieses Jahr mit Preisen?
Alle unsere acht Weine, die wir für die AWC in Wien, die weltweit größte Weinbewertung, eingereicht haben sind ausgezeichnet worden. Wir sind mit vier Goldmedaillen und vier Silbermedaillen nach Hause gekommen.“
Werden alle Eure Weine kühl vergoren?
Alle unsere Weißweine werden mit computergesteuerter Temperaturregelung kühl vergoren und behalten dadurch ihre Fruchtigkeit und das Aroma. Aber die Sensorik des Kellermeisters muss die Weine stets begleiten. Die Computersteuerung hat keine Geschmacksnerven.
Eine kleine Menge Spätburgunder Auslese wird in kleinen Eichenfässern ausgebaut.
Was bedeutet der Verzicht auf Spritzmittel für Euch?
Durch den Verzicht auf Glyphosat, andere Herbizide und Dünger haben wir Mehrarbeit im Weinberg. Statt 2x im Jahr zu spritzen müssen wir immer, wenn’s nötig ist mit der Hacke oder der Motorsense raus in den Wingert.
Damit die Trauben nicht verkrauten und/ oder der Peranospera –Pilz sich ansiedelt, muss die Luft im Weinberg gut zirkulieren können. Es ist ein sehr gutes Gefühl ‚ohne’ auszukommen und es hat schon im zweiten Jahr hervorragend funktioniert.
Das Bratwurst Rezept: Geradlinig und ehrlich
Das Rezept ist ganz klar und traditionell: Die Abschnitte vom Schnitzelfleisch mit Fettanteil werden durch den Wolf gedreht. Dann wird das ‚Brät‘ mit Pfeffer, Salz und einer Prise ‚Geheimzutat’ gewürzt und eine halbe Stunde handwerklich gemischt. Anschließend wird das ‚Brät‘ mit einer handkurbelbetriebenen Maschine aus Vorvaterszeiten in die Wursthülle – den Darm – gepresst und anschließend 20 Minuten im Sud gebrüht – richtig im Wurstsud, nicht wie in der Industrie in Schränken im Dampf gegart. Schließlich werden die Würste zum Trocknen aufgehängt. Fertig ist die nach alten Hausrezept handwerklich hergestellte Bratwurst. Alle Bratwürste, die nicht direkt in die Küche wandern, werden dann noch vakuumiert und tiefgefroren.
Ausblicke beim Dorotheenhof:
Fr 03.02. – So 11.06.2017, Öffnungszeiten, Gutsauschank
Erste Maiwoche – Jungweinverkostung
Sa 10. 06. 2017, Weinerlebnisweg-Fest
Fr 07. 07. – Mo 10.07.2017 Weinfest, Wein- und Sektstand, Kälberplatz
Sa 26.08. – So. 27.08.2017, Hoffest, Jazz mit der Big Band 82 (am Sonntag). Sa ab 16.00 Uhr und So. ab 11.00 Uhr (Big Band 82)
Fr 01.09. – So. 26.11.2017, Öffnung des Gutsausschanks
Mehr Infos unter: www.weingut-dienst.de