Gefällstrecke
Die Qualität der Diskussion über die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge versinkt in den Schlaglöchern der Hochheimer Straßen und Wege.
Viele reden darüber, jedoch haben nur wenige etwas zu sagen. Die Debatte spiegelt wider, wie aktuell politisch diskutiert wird. Die Befürworter und Gegner versammeln sich, Befürworter finden sich kaum, Gegner dagegen umso zahlreicher. Im Ortsteil Massenheim bündelt sich die ablehnende Haltung gar in einer Bürgerinitiative.
Bedrückend ist, dass es den Redebeiträgen an der Bereitschaft fehlt, sich wirklich mit der Sache zu befassen. Vielmehr geht es ausschließlich darum, Argumente wegzulassen, stattdessen mit Emotionen die Reihen der Unterstützer zu schließen. So wirken heutzutage Populisten an der politischen Willensbildung mit. Vordinglich Populisten zu entlarven, wer wollte sich nicht herausgefordert fühlen?
Der Straßenausbaubeitrag ist ein gelungenes Beispiel, wie komplex und schwer verständlich die Entscheidung darüber sein kann.
Im März 2011 stimmten die Hessen darüber ab, die Schuldenbremse in die Hessische Landesverfassung aufzunehmen. Danach muss der Landeshaushalt grundsätzlich mit den Einnahmen die Ausgaben bezahlen.
Das gilt selbstverständlich auch für die Haushalte der Städte und Gemeinden, denn die Hessische Gemeindeordnung sagt genau dasselbe. Sie sagt jedoch noch mehr, was zu bedenken ist. In der Hierarchie der Einnahmen gehen Gebühren und Beiträge und sonstige Einnahmen, mit denen die Gemeinde die Ausgaben finanzieren muss, grundsätzlich vor Steuereinnahmen.
Ja, es steht den Gemeinden frei, Straßenausbaubeiträge erheben zu dürfen. Den Städten und Gemeinden ist damit vordergründig die Freiheit gewährt, in eigener politischer Verantwortung zu entscheiden, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben wollen.
Genau hier setzt die oberflächliche Diskussion an, die nur die Freiwilligkeit als Argument heranzieht, sie um die Behauptung ergänzt, die Erhaltung von Straßen sei eine öffentliche Aufgabe, welche mit Steuergeldern oder Krediten zu finanzieren sei.
Das ist schlicht falsch, und das aus verschiedenen Gründen.
Die Landesverfassung geht den einzelnen Gesetzen vor. Wenn demnach die Landesverfassung eine Kreditaufnahme untersagt, um wiederkehrende Ausgaben zu finanzieren, so untersagt sie auch eine Kreditaufnahme für Investitionen, wenn damit als Ergebnis die Verschuldung der Gemeinde zunimmt, und sie Gefahr läuft, die Kredite aus eigener Kraft nicht mehr zurückzahlen zu können.
Die gesetzlich gebotene Reihenfolge, nach welcher die Gemeinde Einnahmen zu erzielen hat, weist Beiträgen und Gebühren den vorderen Rang zu. Ohne zu zweifeln und zu murren, entrichten die Einwohner Beiträge für Frischwasser und Abwasser, die auch einen Gebührenanteil für den Erhalt der Wasserleitungen unter der Erde beinhalten. Genau damit wird die gesamte Infrastruktur der Wasserver- und -entsorgung finanziert. Warum soll für die Investition unter der Erde ein anderes Gesetz gelten als für die über der Erde? Es fehlt allen Gegnern an einem überzeugenden Argument, warum das eine gesetzeskonform, das andere gesetzeswidrig sein soll. Zumal die Sanierung unter der Erde regelmäßig mit der überirdischen gleichgeschaltet ist.
Wählerisch sein zu können Straßenausbaubeiträge zu erheben, ist ein Privileg der Gemeinde, die sorglos sein darf, weil es ihr an Einnahmen nicht fehlt.
Eine Gemeinde, die dagegen sorglos ist beim Geld ausgeben, wandelt das Wahlrecht in den Gebührenzwang, denn der Haushaltsausgleich zwingt zur Suche nach neuen Einnahmequellen.
Der Gesetzgeber lässt keine Zweifel, dass soviel Einnahmen zu erzielen sind, bis die Ausgaben gedeckt sind. Und das gerade nicht vorrangig durch Steuereinnahmen.
Zwar wurde der Vorrang für die Erhebung von Straßenbeiträgen zwischenzeitlich ausdrücklich aufgehoben. Dies gilt allerdings nur, soweit der Haushalt der Gemeinde gleichwohl ausgeglichen ist. Es kann daher der Verzicht auf Straßenbeiträge durch höhere Hebesätze der Grundsteuer kompensiert werden.
Die Erhöhung der Grundsteuer würde das Problem nicht lösen. Sie zählt zu den allgemeinen Deckungsmitteln, denen keine Zweckbindung zugewiesen werden kann. Die Gleichung Grundsteuer für Straßenbau geht nicht auf.
Die besondere Spezies der Grundstückseigentümer, die auf die Umlagefähigkeit einer erhöhten Grundsteuer setzt, strebt insgeheim an, dass der Mieter den Straßenausbau zahlt. Unverständlich, warum gerade die Sozialdemokratie die weitere Erhöhung der Mietnebenkosten riskiert, wenn sie sich gegen die Erhebung von wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen stellt, die nicht auf den Mieter umgelegt werden können.
In Erinnerung ist zu rufen, dass in Hochheim eine Haushaltssperre besteht. Damit versucht der Bürgermeister seine eigene Sorglosigkeit im Umgang mit den Ausgaben in den Griff zu bekommen, weil die Einnahmen derzeit nicht ausreichen.
Nunmehr beginnt sich der Kreis zu schließen. Der Bau des Kindergartens im Neubaugebiet „Schänzchen III“, tatsächlich doppelt so teuer wie geplant, Straßensanierungsmaßnahmen deutlich teurer als geplant, der Rathausumbau, das neue Eurograb. Hochheims Kommunalpolitiker strapazieren den Haushalt wahrlich über Gebühr und setzen daher die Ursache, warum es in Hochheim ohne Straßenausbaubeiträge finanziell nicht weitergeht. Hochheims Kommunalpolitiker setzen die Ursache dafür, das Wahlrecht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in einen Zwang verwandelt zu haben.
Selbst wenn der Gesetzgeber den weitestgehenden Weg im Gesetzgebungsverfahren beschreiten würde und die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aus dem Kommunalabgabengesetz streicht, werden sie als spezielles Entgelt im Sinne des Haushaltsrechts weiter rechtmäßig bleiben, um einen überzogenen Haushalt auszugleichen.
Das gesetzliche Wahlrecht, Straßenausbaubeiträge zu erheben, offenbart dennoch eine ungeahnte Wahlfreiheit.
Wer keine Straßenausbaubeiträge bezahlen will, könnte gefordert sein Kommunalpolitiker zu stoppen, die durch Ihr zügelloses Ausgabeverhalten dafür verantwortlich sind, dass wir keine Wahl mehr haben.
Man kann zu der Straßenbeitragssatzung unterschiedlicher Meinung sein, aber das Schweigen der Hochheimer Parteien zu diesem Thema ist beschämend: kein Wort dazu in den Haushaltsreden. Ein Blick in den städtischen Haushalt zeigt einen Posten, der Einsparmöglichkeiten beinhaltet: die Personalkosten!
Keine Partei nahm zu den massiv gestiegenen Personalkosten Stellung. Unter BM Munck wurden Hausmeister und Reinigungskräfte entlassen und der Personalbestand auf ca. 96 Personen reduziert. Innerhalb von 3 Jahren stiegen nun die Personalkosten um 1,5 Millionen Euro und 110 Stellen sind ausgewiesen. Einen Zuwachs erzielten die höherdotierten Stellen! Hier wäre Sparpotential !
Dass in Hochheim bereits seit 01.01.2000 ein Beitrag für die Straßenerneuerung erhoben wird, erwähnte auch keine Partei. Damals wurden die Grundsteuer A und B erhöht. Die Mehreinnahmen von ca. 300.000 Euro waren zweckgebunden für den Straßenbau vorgesehen. Sollen wir jetzt doppelt für den Straßenausbau zur Kasse gebeten werden?