Infantile Ideologie

Königs Kolumne
Königs Kolumne

Die Astrid-Lindgren-Schule soll räumlich erweitert werden. Lehrer und Eltern wünschen sich mehr Freifläche für eine zukünftig deutlich wachsende Schülerzahl.

Dafür gibt es gute Argumente. Für eine inklusive Schule gelten besondere Anforderungen. Stark differenzierende motorische als auch kognitive Fähigkeiten benötigen darauf ausgerichtete Räume und Freiflächen. Es ist nicht verständlich, dass Differenzierung mit dem Pausenklingeln endet und danach wiederbeginnt, die Freifläche für die Pausengestaltung sich den Bedürfnissen benachteiligter Schüler nicht eröffnet, da es ihr an selbiger Freifläche eben mangelt.

Dagegen steht der Rechtsanspruch der Eltern auf Kinderbetreuung für Kleinkinder vor Eintritt in die Schule so umfassend, dass er sich in einem Satz zusammenfassen lässt: Kinderbetreuungsplätze hat man zu haben.

Das würde vordergründig die starre Haltung des Bürgermeisters in der Diskussion rechtfertigen, die Fläche des Schulkinderhauses im Eigentum der Stadt Hochheim zu behalten und für Betreuungsangebote in Erfüllung des Rechtsanspruches umzuwidmen.

Weiterhin fördert das Land Hessen, um den Ausbau der Betreuungsplätze zu beschleunigen, den Bau neuer Einrichtungen. Welcher Bürgermeister lässt schon einen Zuschuss sausen, wenn er sich mit fremdem Geld in ein gutes Licht rücken kann?

In der Auseinandersetzung um den möglichen Erwerb eines angrenzenden städtischen Grundstücks konnte der Bürgermeister durch sein kompromissloses Auftreten bisher geschickt verbergen, dass er seine Hausaufgaben nicht erledigt hat. Die Vertreter der Schule haben ihn jedoch auch nicht in die öffentliche Diskussion darüber gezwungen.

Der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen in der Zukunft darf sich nicht auf eine unbewiesene Behauptung stützen. Vielmehr ist der zukünftige Bedarf anhand verschiedentlicher Modellrechnungen, welche unterschiedliche zukünftige Szenarien zugrunde zu legen haben, fundiert zu ermitteln. Der Aufenthalt in einer Kindertagesstätte ist im Leben eines Kindes zeitlich überschaubar, die Einrichtung selbst kann ihre umfassende Berechtigung dagegen nur aus einer stetigen Belegung begründen. Gerade dieser Qualität entbehrt die Debatte über zukünftig notwendige Betreuungsplätze.

Der Bedarf der Zukunft darf nicht eindimensional und ausschließlich aus der bisherigen Nachfrage abgeleitet werden, ohne dass hierzu demographische Daten zur Bevölkerungsentwicklung in der Gemeinde herangezogen werden. Weiterhin kann der Rechtsanspruch auch durch eine vorübergehende Erhöhung der Gruppengröße in den Betreuungseinrichtungen aufgefangen werden. Davor schützt auch nicht der Bau weiterer Räume, denn wer plant, dem ist nur gewiss, dass er präziser irrt.

Für den Augenblick kann gegen einen weiteren Bedarf an der Stelle des Schulkinderhauses sprechen, dass in der Nähe gerade eine große Kinderbetreuungseinrichtung kurz vor der Fertigstellung steht.

Auch Fahrzeiten sind den Eltern zumutbar, um ein Betreuungsangebot in Anspruch zu nehmen. Die Rechtsprechung erachtet einen einfachen fußläufigen Weg von bis zu 30 Minuten als angemessen, um ein Betreuungsangebot als noch in der Nähe gelegen anzusehen.

Nicht verkannt werden darf, dass Eltern für die Betreuung ihrer Kinder verantwortlich sind, es bleiben und dafür auch bei ihrer Berufsausübung Rücksicht zu nehmen haben.

Auch die Besonderheit, dass Zinsen in unserer Volkswirtschaft derzeit ihre Preisfunktion nicht erfüllen, vermag Familienplanung zu beeinflussen. Wohnen in Hochheim zu den derzeitigen Preisen in den eigenen vier Wänden formuliert für Lebensgemeinschaften mit Kinderwunsch die Frage, die lautet: Kind oder Kapitaldienst?

Westedt stützt sein Beharren auf einem Verbleib des Grundstücks in städtischer Hand auf seiner exklusiven Überzeugung, dass nur Kinderbetreuung vor der Schulzeit die Attraktivität einer Stadt erhöht. Und Schulbetrieb in seinen Anforderungen ist nicht seine Verantwortung, daher auch sein mangelndes Interesse daran.

Jede unbewiesene Behauptung über den zukünftigen Bedarf an Betreuungsplätzen kann und darf nicht Gegenstand einer derart grundlegenden Erörterung unterschiedlicher Interessenslagen sein, bei der unabhängig vom Ausgang Kinder betroffen sein werden.

Eine unbewiesene Behauptung ist nur vortrefflich geeignet, die Rechte der Kinder in ihren unterschiedlichen Lebenszyklen gegeneinander auszuspielen, aber sie verfehlt den Zweck einer ausgleichenden Betrachtung.

Wie fixiert Westedt zwischenzeitlich seine Idee verfolgt, das Grundstück unter allen Umständen behalten zu wollen, ist daran belegt, dass er im Rahmen der Haushaltsberatungen sein ihm allein zustehendes Antragsrecht bemüht. Nur er beantragt eine Einnahme aus dem Verkauf des Grundstücks im Haushalt nicht anzusetzen, mithin verlangt der den Fraktionen ab, sich politisch gegen den Verkauf und damit gegen die Schulkinder zu stellen. Bürgermeister nutzen ihr alleiniges Antragsrecht regelmäßig nur, wenn sie politisch allein gelassen sind.

Die Kommunalpolitik sollte sorgfältig prüfen, ob sie dem Antrag folgt. Sachgerecht wäre eine vielfältige Erwägungen einbeziehende Debatte, sich dabei nicht den Blick dafür zu verstellen, dass es am Ende immer die Kinder sein werden, die dabei verlieren können.

 

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