Globale Märkte brauchen globale Verantwortung – und ein Lieferkettengesetz mit Biss!
Seit langem kämpfen die Bundesminister Hubertus Heil (SPD) und Gerd Müller (CDU) für das im Koalitionsvertrag vereinbarte Lieferkettengesetz, das Unternehmen verbindliche Regeln zum Umgang mit Menschenrechtsrisiken in ihren Lieferketten auferlegt. Morgen bringen sie Eckpunkte ins Kabinett ein, Wirtschaftsminister Peter Altmaier mauert jedoch, unter anderem mit Verweis auf die Folgen der Corona-Pandemie. Für Demeter ein fatal falsches Signal.
Im Kakaoanbau an der Elfenbeinküste und in Ghana ist Kinderarbeit die Normalität, im Kaffeesektor decken die Weltmarktpreise seit Jahren nicht einmal 60 Prozent der Produktionskosten von Kleinbauern, und im Zuckerrohranbau in Nicaragua leiden viele Feldarbeiter wegen des Einsatzes von in Europa längst verbotenen gefährlichen Pestiziden an schweren Nierenschäden.
Dies sind nur drei Beispiele für Fehlentwicklungen des globalen Nahrungsmittel-Marktes, dessen weltweite Wertschöpfungsketten Menschenrechtsverletzungen in Kauf nehmen oder gar bedingen. Bisher jedoch fühlen sich die wenigsten Unternehmen, die Rohwaren auf dem internationalen Markt einkaufen, für das verantwortlich, was am Anfang ihrer Lieferkette geschieht. Sie kaufen die Rohstoffe schließlich „nur“ ein, oftmals über Händler und betreiben die Plantagen und Höfe nicht selbst.
Eine Gesetzesinitiative, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CDU) in dieser Woche gemeinsam ins Kabinett einbringen, soll daran endlich etwas ändern: Angelehnt an die bereits 2011 verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte soll sie eine verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflicht etablieren. Diese verlangt von Unternehmen, dass sie die Menschenrechts-Risiken in ihren Lieferketten analysieren und Maßnahmen ergreifen, um sie zu minimieren.
Für Demeter-Vorstand Alexander Gerber ist das Lieferkettengesetz überfällig: „Die Profite, die ohne Verantwortung für die Produktionsbedingungen entlang der Lieferketten erwirtschaftet werden, sind groß – zu Lasten der Menschen am Anfang der Lieferkette. Die Frage nach den Menschenrechten und generell nach der Art und Weise der Produktion kann nicht hinter die Zollschranke abgeschoben werden.“ Er hält es für zynisch, die Verantwortung der Lebensmittel-Unternehmen nun mit Verweis auf die wirtschaftlichen Folgen von Corona abzulehnen. Und fragt: „Heißt das im Klartext, unsere Lebensmittelindustrie ist nur dank Kinderarbeit, menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und Umweltvergiftung wettbewerbsfähig?“
An Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier appelliert Alexander Gerber: „Gerade hat uns Corona im eigenen Lande gezeigt, welche gravierenden Folgen es haben kann, wenn Unternehmen die Verantwortung für die Menschen in ihrer Produktion vollständig abgeben können – so wie es die Fleischindustrie für ihre Werksvertragsarbeiter getan hat. Es ist deshalb nicht nur wichtig, dass ein Lieferkettengesetz kommt, sondern auch, dass es kein zahnloser Tiger ist. „Und dazu gehört neben präzisen Anforderungen an den konkreten menschenrechtlichen Gehalt der Sorgfaltspflicht auch eine zivilrechtliche Haftung, die im Gesetz verankert ist.“
Bild von Gerd Altmann