MarktBlick zurück nach vorn
Offenkundig ist, dass der diesjährige 532. Hochheimer Markt seines traditionellen Wahrzeichens, des weithin sichtbaren Riesenrades beraubt ist. Stattdessen vereinbarten die Ausrichter des überregional bekannten Volksfestes, das in den tristen Tagen des Novembers nach Allerseelen alljährlich Besucher aus nah und fern anzieht, eine einmalige und nur schwerlich zu gewinnende Attraktion an die Stelle des Riesenrades zu platzieren. Einen Aussichtsturm.
Eine treffliche Überleitung ist die Aussicht, die ein etabliertes Volksfest in Hochheim für sich selbst und seine Zukunft beanspruchen will.
Der Blick in die Zukunft gründet immer in einer Rückschau auf die Vergangenheit.
In den Jahren vor 2008 waren die Feste der Stadt Hochheim, namentlich das Hochheimer Weinfest, der Hochheimer Markt und der Weihnachtsmarkt in der Hochheimer Märkte- und Stadthallengesellschaft mbH formal und organisatorisch gebündelt. Die Heimatfeste waren aus dem Kreis der Hochheimer Verwaltung ausgegliedert, da mit den Standbetreibern privatrechtlich verkehrt werden sollte und nicht hoheitlich. Waren in früheren Zeiten Standgebühren auch solche die den Namen verdienten, denn sie wurden durch Gebührenbescheid der Stadt Hochheim festgesetzt, so eröffnete eine privatrechtliche Gesellschaftsform die Anwendung des privaten Vertragsrechts auf die Beziehungen zwischen Standbetreibern und der Gesellschaft. Das versprach Vorteile, denn Gebührenbescheide sind mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und gewähren dem Standbetreiber einen gerichtlich zustehenden Rechtschutz. Mit anderen Worten, festgesetzte Standgebühren konnten beklagt werden und beließen beide Parteien in einer über das Fest hinaus bestehenden rechtlichen Unsicherheit. Dagegen ist ein von Standbetreiber und Gesellschaft unterzeichneter Vertrag grundsätzlich von beiden Seiten einzuhalten und nur unter bestimmten Voraussetzungen einer streitigen Auseinandersetzung zugänglich.
Beginnend im April 2006 bemühten sich die politischen Gremien, die Hochheimer Märkte- und Stadthallengesellschaft mbH in der Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH aufgehen zu lassen. Auch dafür gab es zahlreiche gute Gründe. Das Bauvorhaben einer neu zu erstellenden Stadthalle erledigte sich durch Fehlbeträge im städtischen Haushalt, denn dieser hätte zumindest mit Sicherheiten oder gar an die Gesellschaft auszureichenden Darlehen schlussendlich den Bau einer neuen Stadthalle mitfinanzieren müssen. Weiterhin siedelten sich die voraussichtlichen Baukosten für eine neue Stadthalle in dem Bereich größer 15 Mio. Euro an, was bei aller finanziellen Kreativität, die in der Gründung einer Gesellschaft zum Bau der Stadthalle zu sehen ist, nicht das nötige Geld beschaffte. Initiativen, den Bau mit einem privaten Investor zu stemmen, scheiterten kläglich.
Schlussendlich waren auch die Kosten für die Aufsichtsräte und die rechtliche Betreuung der Gesellschaft einzusparen.
So kam die Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft über die sogenannte Verschmelzung mit der Märkte- und Stadthallengesellschaft zu einem wesensfremden Anhängsel, als ihr nach der gesellschaftsrechtlichen Übernahme seitdem die Aufgabe zufällt, die alljährlichen Hochheimer Feste auszurichten. Die Wohnungsbaugesellschaft verfügte damals über keine und heute nur über begrenzte Ressourcen zur Ausrichtung der Veranstaltungen. Vielmehr müssen die Vorleistungen zugekauft werden. Teilweise geschieht dies durch die Inanspruchnahme des städtischen Bauhofes, aber auch der in der Verwaltung tätigen Mitarbeiter. Für deren Hilfe muss die Wohnungsbaugesellschaft bezahlen, ein interner, nicht unbedingt transparenter Abrechnungskreislauf.
Die komplexen internen Leistungsbeziehungen führen dazu, dass das Weinfest und der Weihnachtsmarkt bis heute nicht kostendeckend ausgerichtet werden können. Der Weihnachtsmarkt fiel den begrenzten finanziellen Möglichkeiten bereits mehrfach zum Opfer. Der Hochheimer Markt erwirtschaftet einen Überschuss, wenn auch einen unterdurchschnittlichen. Damit ist der Hochheimer Markt das Melktier für alle anderen defizitären Hochheimer Festivitäten.
Der Hochheimer Markt selbst kann nur deshalb über die notwendigen Aufwendungen hinaus einen Überschuss erwirtschaften, weil zahlreiche Sponsoren mit ihren Beiträgen zu den Einnahmen wesentlich beitragen. Der Hochheimer Markt ist damit seiner ureigenen Finanzierungsquelle, den Standgebühren, längst entwachsen und hängt am Tropf der Sponsoren und deren grundsätzlicher Bereitschaft, zur Finanzierung durch Leistungen in Geld und Geldeswert ihren Anteil zu leisten. Dazu zählen Geldzahlungen ebenso wie unentgeltlich geschaltete Werbung in allen Medien. Unvergessen ist der Streit um die Abnahmeverpflichtung der Standbetreiber von einem Getränkelieferant, der auch einen Sponsorenvertrag zur Grundlage hatte. Die Vereinbarung konnte in letzter Minute außer Kraft gesetzt werden und beließ den Standbetreibern die freie Wahl der Bezugsquelle.
Mittelbar am finanziellen Tropf hängen Weinfest und auch der Weihnachtsmarkt, denn gerade für seine Ausrichtung sind Zuschüsse zur Durchführung an Dritte zugesagt, die final von der Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft zu begleichen sind.
Die Abhängigkeit von Unternehmen und deren Entscheidung, sich finanziell an der Ausrichtung eines Volksfestes, das sicherlich mehr als 400.000 Besucher anziehen wird, zu beteiligen, eröffnet eine unsichere Zukunft hinsichtlich einer Ausrichtung im jetzigen Rahmen und mit dem jetzigen Angebot. Schwankungen im Umfang der finanziellen Unterstützung durch Dritte können dazu führen, dass zukünftig auch der Hochheimer Markt ein anderes, ein weniger attraktives Gesicht zeigen könnte. Für die Stabilität der unternehmerischen Zuzahlungen spricht, dass in dieser Jahreszeit wenig Werbealternativen im Freien geboten werden, die eine große Anzahl Publikum erreicht. Gerade hier ist jedoch die Wechselwirkung offensichtlich und zugleich vielfältig. Der Markt braucht immer neue Attraktionen und daher war dem Riesenrad die Tradition hinderlich. Die neu geschaffene Anziehungskraft wiederum lockt Besucher an und Besucherzahlen sind die Grundlage der unternehmerischen Entscheidung für eine finanzielle Zugabe. Möge der Kreis noch lange geschlossen bleiben. Wird er unterbrochen, könnte auch bei anderen Festen vieles nicht mehr so sein wie es war.
Foto: Stadt Hochheim
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