Betreutes Wohnen – eine Chance aus der Obdachlosigkeit

(cv) – Patrick Elefant sieht voller Hoffnung in die Zukunft: er kann für drei Monate die Möglichkeit des „betreuten Wohnens“ in der Caritas- Facheinrichtung für Obdachlose, dem Haus Sankt Martin in Hattersheim, nutzen.

Gleich zu Anfang der Corona-Zeit als Beikoch arbeitslos geworden, wurde ihm in der Konsequenz auch die Wohnung gekündigt. So ist der 41jährige nun seit drei Jahren wieder wohnungslos. Er hat in dieser Zeit viel erlebt und gelernt, nicht nur über die Überlebenstaktiken von Obdachlosen in Deutschland, sondern auch über die Menschen und natürlich über sich selbst. Wie viele Wohnungslose hat er die letzten Jahre damit verbracht, sein Leben von Übernachtung zu Übernachtung in Notunterkünften zu organisieren. Zwar wurde von den meisten Kreisen und Städten die Regelung, dass ein Mensch ohne festen Wohnsitz sein „Tagesgeld“ nur relativ kurz zeitlich begrenzt an einem Ort ausgezahlt wird, in Pandemiezeiten gelockert. Trotzdem war es für ihn auch dann noch immer eine organisatorische Herausforderung, einen Ortswechsel zu planen, wenn die Auszahlungszeit oder auch die Zeit, in der es für ihn eine Übernachtungsmöglichkeit gab, zu Ende war. „Man kann in den verschiedenen Unterkünften anrufen und fragen, ob ein Übernachtungsplatz frei ist, aber es wird keiner reserviert“ hat Patrick Elefant erfahren, „wer zuerst da ist, mahlt zuerst. Die meisten Unterkünfte haben nur wenige Betten zur Verfügung – das ist dann schon mal eine Schlacht so gegen 12 Uhr, wer die bekommt!“ Denn oft ist es schwierig, den Weg in die nächste Unterkunft so zu schaffen, dass man am Anfang der Warteschlange steht. „Man muss ja auch was essen, also kann man aus der letzten Unterkunft nicht ganz früh weg“ erklärt er, „und man muss schauen, ob man genug Geld für die öffentlichen Verkehrsmittel hat. Ein Tagessatz ist im Moment etwa 14 Euro – wenn ich von Hattersheim aus zum Beispiel einen Übernachtungsplatz in Bingen in Aussicht hatte, dann habe ich etwa 10 Euro für die Fahrt dorthin gebraucht. In den meisten Unterkünften kostet eine Übernachtung ein oder zwei Euro, das Frühstück auch, oder der Kaffee kostet 50 Cent. Und man soll ja in der nächsten Unterkunft auch wieder was fürs übernachten bezahlen.“ Wenn man noch die Möglichkeit genutzt hatte, für 2 Euro zu waschen, dann muss schon scharf kalkuliert werden, wieviel man etwa für Getränke und Verpflegung während des Tages ausgeben kann. „Viele Leute sagen, Obdachlose fahren sowieso schwarz“, weiß er, „aber das stimmt nicht. Nur weil ich wohnungslos bin, bin ich doch nicht kriminell.“ Früher sei er auch schon mal 20 Kilometer gelaufen, um Geld zu sparen, aber mit Gepäck sei das schon anstrengend und kräftezehrend. „Gott sei Dank bin ich geimpft“ sagt er, denn durch die 3G-Regel im ÖPNV sind die Konsequenzen bei einer Kontrolle erheblich, wenn man das nicht nachweisen kann. Ein Problem war auch die Zeit im Lockdown, in der öffentliche Toiletten geschlossen waren. „Da hab ich mal in einer Tankstelle gefragt, ob ich dort zur Toilette gehen könnte und meine Wasserflasche voll machen dürfte“, erinnert sich Patrick Elefant, „aber die haben nur gesagt, ich könnte ja bei ihnen Getränke kaufen.“ Mit einem Becher vor dem Supermarkt stehen oder unter einer Autobahnbrücke „Platte machen“, hat er auch schon hinter sich, aber das ist nicht sein Ding. „Man will sich ja auch morgens waschen und saubere Kleidung haben“ sagt er.

Anne Domachowski-Schneider und Stefanie Eichler vom Haus St. Martin kennen all diese Probleme: „Die Übernachtungen in Notunterkünften sollen zwar ein niedrigschwelliges Angebot sein, aber für Obdachlose sind solche Hürden trotzdem hoch“ finden sie, „und das ist auch aus sozialarbeiterischer Sicht schlecht. Wenn man mit solchen Dingen beschäftigt ist, wie soll man sich dann noch um eine Wohnung oder um Arbeit kümmern?“ Das anzugehen funktioniere meist eben erst, wenn ein/e Wohnungslose/r keine Sorge mehr habe, wo er am nächsten Tag übernachten könne. „Erst wenn man „festgemacht“ hat, kann man sich darum wirklich kümmern“, wissen die Sozialarbeiterinnen, „im Haus Sankt Martin können wir den Klienten zwar keine Wohnung anbieten, aber wir haben die Möglichkeit, eines der sechs Betten, die uns zur Verfügung stehen, für eine begrenzte Zeit – in der Regel für drei Monate – für das Angebot „Betreutes Wohnen“ zu nutzen.“ Patrick Elefant habe schon im Juni 2021 nachgefragt, ob er diese Möglichkeit in Hattersheim nutzen dürfe, seit Mitte Dezember lebt er nun im Haus St. Martin. Das nimmt ihm nicht nur die Sorge um einen Schlafplatz, er konnte sich dadurch auch in Hattersheim anmelden und bekommt seine Post nun an diese Adresse. „Es ist auch super, dass man hier morgens die Zeitung lesen kann, dass man einen Laptop zur Verfügung hat und ins Internet kann“, findet Patrick Elefant, „da kann ich endlich mal auch die Wohnungsanzeigen und Stellenangebote regelmäßig lesen.“ Noch ein wichtiger Aspekt: nur mit festem Wohnsitz kann er im Main-Taunus-Kreis vom Tagesgeldbezug in den festen Bezug seiner Sozialleistungen wechseln. Mit all dem vor Augen hat er seine Ziele für die nächste Zeit fest gesteckt: „Jetzt klemme ich mich dahinter, eine Wohnung und Arbeit zu finden!“ Dabei hofft er, dass sich seine neue Wohnsituation auf die Arbeitssuche auswirkt. „Sehr gerne würde ich wieder als Beikoch arbeiten, früher hat man schon immer über mich gesagt: koche kann er, der Bub!“, erklärt er stolz. Selbstverständlich bekommt er im Haus St. Martin dabei Unterstützung, seine Ziele zu verwirklichen. „Wir haben schon gemeinsam genau geschaut, was die Ziele sind und wie man die erreichen kann“ erzählt Anne Domachowski-Schneider, „der Kostenträger Landeswohlfahrtsverband verlangt, dass mit den so betreuten Leuten eine schriftliche Zielvereinbarung geschlossen wird, das hat das Haus St. Martin mit Herrn Elefant natürlich so gemacht. Es gibt da den Hilfeplan für die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten als Orientierung.“

„Ich weiß, dass ich die Hilfe brauche und ich werde sie gerne auch annehmen“ versichert Patrick Elefant zuversichtlich, immerhin kann er im Haus Sankt Martin seinen „ganzen Ballast“ erst mal abladen. „Vielleicht kann ich sogar meinen alten Arbeitgeber dann damit noch mal erfreuen“, hofft er, „wir sind ja schon im Guten auseinander gegangen.“ Er ist besonders glücklich darüber, dass er den USB- Stick mit seinem Lebenslauf und Fotos „noch mit guter Frisur und so“ durch die Zeit der Obdachlosigkeit „retten“ konnte.

Dem ganzen Team des Hauses St. Martin ist es ein großes Anliegen, dass auch Menschen wie Patrick Elefant eine Möglichkeit auf eine eigene Wohnung bekommen. Auch Einrichtungsleiter Klaus Störch steht sehr hinter diesem Wunsch: „Wer als Vermieter auch wohnungslosen Menschen eine Chance geben möchte, der kann sich sehr gerne mit uns unter der Telefonnummer 06190 935712 in Verbindung setzen!“ bietet er an.

Bild: Patrick Elefant in seinem Zimmer im Gespräch mit Anne Domachowski-Schneider von der Caritas Facheinrichtung Haus St. Martin in Hattersheim

Bildnachweis: Caritasverband Main-Taunus e.V.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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