„Lasst uns in Ruhe“- Fluglärmgegner fordern Reform des Fluglärmschutzgesetzes

Neue Bundesregierung muss endlich schärfere Regeln schaffen
Hochheim fordert: Starts über Nordwest deutlich reduzieren!
(sh) Am 30. April begehen wir den internationalen Tag gegen den Lärm. Die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, ein Zusammenschluss von Kommunen und Bürgerinitiativen, fordert von der künftigen Bundesregierung, die von Fluglärm betroffenen Menschen nicht zu vergessen. Millionen von Menschen leiden im Umfeld von Flughäfen täglich unter dem gesundheitsschädlichen Lärm der startenden und landenden Maschinen.
„Das geltende Fluglärmschutzgesetz aus 2007 schützt die Luftverkehrswirtschaft und nicht die Menschen. Es muss dringend grundlegend überarbeitet werden und dem aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung angepasst werden“, fordert der Präsident der Bundesvereinigung gegen Fluglärm, Werner Kindsmüller. „Die gesundheitlichen Risiken durch Fluglärm sind längst erwiesen, aber die bisherige Bundesregierung ist untätig geblieben.“
Untermauert wird die Forderung nach schärferen Grenzwerten und einem besseren baulichen Schutz gegen Fluglärm von der Wissenschaft: in Schulen, die durch Fluglärm belastet werden, ist zum Beispiel der Unterricht oft so stark gestört, dass die Lernleistung der Schülerinnen und Schüler nachweislich leidet. Vor allem das Lesenlernen von Grundschulkindern wird durch Lärm beeinträchtigt.
Nachtflüge über Wohngebiete konsequent unterbinden, das fordert der Kardiologe Thomas Münzel. Das gesundheitliche Risiko für Anwohnerinnen und Anwohner sei während der Schlafzeit am höchsten, erklärt der Seniorprofessor am Klinikum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
Fluglärm beeinträchtige tagsüber die Konzentration, störe aber vor allem den Nachtschlaf – mit gravierenden Folgen für das menschliche Herz-Kreislauf-System. „Schon Dauerbelastungen von 50 bis 60 Dezibel, die üblicherweise in der Umgebung von Flughäfen gemessen werden und der Lautstärke eines Gesprächs entsprechen, können tagsüber die Konzentration und nachts den Schlaf stören,“ betont Thomas Münzel. „Es ist wissenschaftlich erwiesen: Fluglärm macht krank – und hier insbesondere der Nachtfluglärm!“
Die Hochheimer Bevölkerung ist vom Betrieb auf dem größten deutschen Flughafen Frankfurt stark betroffen: bei Ostbetrieb durch die Landungen auf der Nordwest-Landebahn, bei Westbetrieb durch die Starts über die Nordwest-Route. Die Anzahl der Landungen kann man nur durch deutliche Reduzierung der Flugbewegungen insgesamt senken.
So gehört es zu den wichtigsten Forderungen der Stadtverordnetenversammlung, Kurzstreckenflüge durch Bahnverbindungen zu ersetzen. Vor allem eine Nachtruhe am Flughafen zwischen 22 Uhr am Abend und morgens um 6 Uhr würde der Gesundheit der Menschen unter den Flugrouten dienen.
Aktuell ist die Stadt Hochheim am Main, gemeinsam mit den Nachbarn in Flörsheim, Hattersheim und dem Main-Taunus-Kreis, bemüht, dass die Anzahl der Starts über die Nordwest-Abflugroute deutlich reduziert wird. In den ursprünglichen Planungen für die neue Landebahn war vorgesehen, dass nur noch ein kleiner Rest von 1,5 % aller Starts über Flörsheim und Hochheim erfolgen sollten.
„Tatsächlich sind es tagsüber mehr als 10 %, in den beiden Nachtstunden sogar mehr als 20 %, die von dem alten Bahnsystem über Nordwest geschickt werden“, stellt Bürgermeister Dirk Westedt kritisch fest. In Verhandlungen mit der Deutschen Flugsicherung, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und in den Gremien der Fluglärmkommission wird versucht, diese Werte deutlich zu senken.
Es ist schwierig, weil Veränderungen im Flottenmix, Abhängigkeiten bei den Starts von der Startbahn 18 West und der Südumfliegung immer wieder dazu führen, dass viel zu oft der „kurze Weg“ von der Parallelbahn über Nordwest, und damit auch über Hochheim, genutzt wird. „Wir appellieren zum Tag des Lärms auch an die Entscheidungsträger in den verschiedenen Behörden und Gremien, sich zukünftig wieder an das zu halten, was einmal geplant war – zum Schutz der Hochheimer vor zu viel Lärm“, so Bürgermeister Westedt.
Bild von Mamoru Masumoto