Der Haushalt ist beschlossen – Flörsheims Stadtverordnete stimmen mehrheitlich zu
Begleitet von teilweise heftigen Kontroversen verabschiedeten Flörsheims Stadtverordnete in ihrer jüngsten Sitzung den Haushalt für das Jahr 2019.
Der Beschluss erfolgt zu einem sehr späten Zeitpunkt, muss doch die Stadt bereits seit Jahresbeginn das öffentliche Leben finanzieren, ohne die rechtliche Grundlage in einem beschlossenen und durch den Main-Taunus-Kreis als Aufsichtsbehörde genehmigten Haushalt zu haben.
Seine Ursache schuf die zeitlich erheblich verzögerte Beratung im Amtswechsel des Bürgermeisters. Dr. Bernd Blisch, der sein Amt zum 01.11.2018 antrat, formulierte den Anspruch, auf den Haushaltsentwurf noch einmal Einfluss nehmen zu wollen, um seine politischen Ziele darin zumindest ansatzweise verwirklicht zu sehen.
In dem Stadium der vorläufigen Haushaltsführung darf eine Gemeinde die unabweisbaren Ausgaben tätigen und alle notwendigen Verpflichtungen erfüllen. Mitarbeiter in städtischen Betrieben müssen daher nicht auf ihre monatliche Vergütung warten, nur weil Stadtverordnete sich Zeit nehmen, einen Haushaltsentwurf zu beraten. Investitionen dagegen können erst beauftragt werden, wenn der Haushalt seine Genehmigung erfährt.
Traditionell ist der Tagesordnungspunkt den Fraktionen in der öffentlichen Aussprache vorbehalten. Zum Abschluss der Beratungen legen sie durch ihre Vertreter nochmals ihre politische Einstellung zum Haushalt offen.
Ungewöhnlich daher, dass zunächst der scheidende Stadtkämmerer, Sven Hess (GALF), nochmals das Wort ergriff. In seinem Vortrag ging er auf die durch den Haupt- und Finanzausschuss zur Empfehlung an die Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Sparmaßnahmen ein. Dabei zeichnete er für die mögliche Stadtentwicklung für das Haushaltsjahr ein düsteres Bild und verwies darauf, dass im gemeindlichen Zusammenleben erhebliche Einschränkungen die Folge der deutlichen Ausgabeminderungen sein könnten.
Die Haushaltsberatungen kreisten zentral um die im Entwurf angelegten deutlichen Steuererhöhungen, insbesondere für die Grundsteuer und die Gewerbesteuer, um die zum gesetzlich gebotenen Haushaltsausgleich erforderlichen Einnahmen zu erzielen. In den Beratungen zum Haushalt zeichnete sich ab, dass Flörsheims Stadtverordnete die geplanten Steuererhöhungen ihren Bürgern nicht oder nicht in der ursprünglich geplanten Höhe zumuten wollten.
Marion Eisenmann-Kohl (SPD) eröffnete den Reigen der Redner. Sie setzte sich kritisch mit dem aktuellen Zustand der Kinderbetreuung in Flörsheim auseinander, ebenso mit dem Hebesatz zur Gewerbesteuer. Insbesondere habe letzterer mit jetzt 395 Prozent Hebesatz die Grenze der Neutralität in der Anrechnung mit der Einkommensteuer verlassen. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften verbleibe nun eine Mehrbelastung durch die Gewerbesteuer, was den kleinen Unternehmen zusätzliche Mittel entziehe.
Zu den Sparmaßnahmen gehöre nach Auffassung der SPD auch, zukünftig auf die Stelle des hauptamtlichen Ersten Stadtrates zu verzichten und so Einsparungen in Höhe von 200.000 Euro jährlich zu erzielen.
Die SPD könne sich mit dem Haushaltsentwurf nicht identifizieren und werde daher ihre Zustimmung verweigern.
Christopher Willmy (CDU) legte seinen Schwerpunkt auf die Rückführung der Kassenkredite, so die technische Bezeichnung im Haushalt für Überziehungskredite in laufender Rechnung. Mit dem Schuldenabbau zu beginnen, ist nach seiner Auffassung zwingend geboten. Die Steuererhöhungen seinen geringer als ursprünglich veranschlagt. Flörsheim verfüge über zahlreiche andere Standortvorteile, die mögliche Steuernachteile im Wettbewerb auffingen.
Er schloss damit, dass seine Fraktion dem Haushalt zustimmen werde.
Bemerkenswert die Kritik von Frank Laurent (GALF) am Stadtkämmerer. Heß habe die Stadtverordneten mit dem von ihm geschaffenen Zahlenwerk allein gelassen. In seiner Rede griff er die zunehmenden Anforderungen an die Stadtverordneten als Laien auf, die sich mit dem komplexen Haushaltsrecht auseinanderzusetzen hätten, schlussendlich seien sie gewählt, um darüber zu entscheiden. Daher sei jede Unterstützung geboten, um der den Mandatsträgern auferlegten Aufgabe, die Verwaltung zu kontrollieren, gerecht werden zu können.
Auch Laurent signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zum jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf.
Manuel Rath (dfb) hob hervor, dass Bürgermeister Dr. Blisch die direkte Ansprache der Verwaltung ermöglicht habe, was zu einem deutlichen Mehr an Verständnis und Transparenz des Haushaltsentwurfes beigetragen hätte.
Seine Fraktion könne den Haushaltsentwurf gleichfalls mittragen.
Die Rednerliste schloss vorläufig Claudia Schütz (FDP). Sie verweigerte für ihre Fraktion die Zustimmung zum Haushalt, da er nur das Augenmerk auf eine weitere Steigerung der Einnahmen, auf steigende Steuerbelastung der Bürger lege, nicht jedoch auf den gebotenen sparsamen Umgang mit den öffentlichen Mitteln.
Ihre Fraktion verweigerte die Zustimmung zum Haushalt.
Nicht mehr auf seinem Sitz hielt es nach Abschluss der Rednerliste Peter Kluin (GALF). Vehement griff er den unter den Zuschauern sitzenden ehemaligen Bürgermeister Antenbrink an, auch Eisenmann-Kohl wurde nicht verschont. Sozialdemokratischer Filz habe die letzten Jahre geprägt. Geschäftliche Gelegenheiten seien innerhalb der Mitglieder der SPD verteilt worden, die davon profitiert hätten. An der Abgrenzung zwischen Mandat und Beruf hätte es wiederholt auch bei Eisenmann-Kohl gefehlt.
Eisenmann-Kohl verteidigte sich umgehend mit der Aussage, das Mandat sei ehrenamtlich, leben müsse sie von ihrem Beruf und sie sehe keine Konflikte in der beruflichen Tätigkeit mit der Aufgabe als Stadtverordnete.
Die nachfolgende Abstimmung ergab einen mehrheitlichen Beschluss für den Haushaltsentwurf einschließlich der Sonderrechnungen für die Eigenbetriebe. Deren Wirtschaftspläne wurden gleichfalls mehrheitlich angenommen.
Der Haushalt schließt damit in einer beschlossenen Form mit einem Überschuss von 514.200 Euro im Gesamtergebnishaushalt ab, welcher alle Einzelpläne im Haushalt zusammenfasst.
Zu Finanzierung der Investitionen sollen ca. 1.3 Mio. Euro an Krediten aufgenommen werden. Die Kassenkredite wurden auf einen Betrag von 7 Mio. Euro als Höchstgrenze bestimmt.
Der Grundsteuerhebesatz beträgt zukünftig für landwirtschaftliche und andere Grundstücke jeweils 550 Prozent, der Gewerbesteuerhebesatz steigt auf 395 Prozent auf den Gewerbeertrag.
Mit der Haushaltssatzung beschlossen die Stadtverordneten auch den Stellenplan, welcher den Umfang der Beschäftigten, deren Einsatz in den einzelnen Behördenteilen und deren Vergütung bestimmt.
Das Weinstadtjournal wird in einem gesonderten Beitrag die Haushaltsreden veröffentlichen.
Bild: Das Rathaus in Flörsheim – Bürgermeister Dr. Blisch verfügt über einen beschlossenen Haushalt
Bildnachweis: Stadt Flörsheim