R.I.P. Dünnschnabel-Brachvogel

Das leise Verschwinden einer Art: Dünnschnabel-Brachvogel als Mahnmal für mangelnden Naturschutz
(nabu) Mit dem Aussterben des Dünnschnabel-Brachvogels (Numenius tenuirostris) dokumentiert Europa den ersten Verlust einer Vogelart auf dem Festland in der Neuzeit. Diese Art war einst ein Symbol für die reichhaltige Biodiversität Europas und steht nun für die zunehmende Dramatik der globalen Biodiversitätskrise.

Der elegante Zugvogel war für seine schlanke Silhouette und seinen charakteristischen Ruf bekannt. Noch im 19. Jahrhundert wurden große Schwärme dieser Art beobachtet, doch bereits Ende des 20. Jahrhunderts galt der Vogel als akut vom Aussterben bedroht. Intensive Forschung und Monitoring in den letzten Jahrzehnten blieben ohne Erfolg: Keine weiteren Sichtungen oder Hinweise auf verbleibende Populationen konnten bestätigt werden.

„Die Hauptursachen für das Aussterben sind die Zerstörung von Küstenfeuchtgebieten, die essenzielle Überwinterungs- und Nahrungsplätze waren, die Übernutzung von Lebensräumen und die zu intensive Bewirtschaftung und Trockenlegung von Mooren.

Der Verlust des Dünnschnabel-Brachvogels ist nicht nur ein Verlust einer einmaligen Art, sondern auch ein Alarmzeichen für die anhaltende Vernachlässigung von EU-Naturschutzmaßnahmen“, schätzt Martin Rümmler, Vogelschutzexperte und Host des Vogel-Podcasts „Reingezwitschert“ des NABU, ein.

Das Aussterben des Dünnschnabel-Brachvogels ist eine Mahnung an die europäische Politik, vom Setzen von Zielen und Strategien endlich ins Handeln zu kommen. Die vorhandenen Schutzinstrumente reichen offensichtlich nicht aus.

Auch in Deutschland vorkommende Watvogelarten wie Alpenstrandläufer, Kiebitzregenpfeifer und Steinwälzer sehen sich einer immer stärkeren Bedrohung gegenüber. Erst kürzlich wurden sie zusammen mit 13 weiteren ziehenden Küstenvogelarten in der Roten Liste der IUCN in ihrer Gefährdung hochgestuft.

Damit sie nicht das gleiche Schicksal ereilt, braucht es eine rasche Renaturierung verbleibender Lebensräume als unersetzlicher Pfeiler im Kampf gegen das Artensterben. In diesem Zusammenhang spielen eine ambitionierte Umsetzung und Finanzierung der EU-Wiederherstellungsverordnung eine wichtige Rolle.

Auch die Verabschiedung von ausstehenden Förderrichtlinien im Rahmen des Aktionsprogramms natürlicher Klimaschutz sind in der verbleibenden Legislaturperiode zentral. Dazu zählen beispielsweise die Förderrichtlinien für Auen sowie die für klimabezogene Maßnahmen in der Wasserwirtschaft, um Wasserrückhalt in der Fläche und Moorbodenschutz zu stärken.

Das Versäumnis, Vorgaben im Naturschutz in konkrete Maßnahmen zu übersetzen, riskiert nicht nur weitere Aussterbeereignisse, sondern untergräbt auch die Glaubwürdigkeit der EU in globalen Umweltfragen.

„Das Schicksal des Dünnschnabel-Brachvogels sollte uns alle dazu bewegen, den Wert unserer natürlichen Umwelt zu überdenken und die verbleibenden Arten mit aller Kraft zu schützen“, so Rümmler.

Bild von Simon J. Tonge – http://calphotos.berkeley.edu/cgi/img_query?enlarge=0000+0000+0313+2007, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26137736

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