Finnek auf Entdeckungstour 3
von Helene Wilhelmine Hartmann
Eine Mäusegeschichte in drei Teilen – Teil 3
Kurzer Überblick
Finnek der Mäusebub kann die ganzen Warnungen über die Gefahren, die in der großen Welt auf ihn warten, nicht mehr hören. „Ja, ja, weiß ich längst. Ich bin doch schon groß.“ Dann findet er den geheimen Ausgang nach draußen in den Garten und ist auf sich allein gestellt. Schnell stellt sich heraus, dass er doch noch nicht so viel weiß. Mit etwas Dusel und großer Hilfe schafft er es noch glücklich nach Hause.
Während der Schelte seiner Mutter plant er schon das nächste Abenteuer. Er hat ja gerade den Garten erobert. In seinem Cousin Baro findet er den Kumpel, der sich mit ihm auf den Weg über die Wiese in den Wald macht.
Sie treffen auf viele neue Tiere, die sich häufig unerwartet verhalten. Diese kleinen Wendungen, die kontinuierliche Suche nach Essen und der Stolz eine „Gartenmaus“ zu sein, geben der Geschichte ein nettes Augenzwinkern. Schließlich machen die Abenteuer Finnek auch wirklich ein Stück größer. Als er dann wieder zurückgekehrt ist, weiß er das Zuhause besonders zu schätzen…
Hops und weg
Da hoppelte ein großes Tier rasend über die Lichtung und verschwand mit einem Sprung in einer Höhle. Da fielen Baro und Finnek fast ihre Pilzstücke aus dem Mund, so staunend mit offenen Mund verfolgten die beiden das Rennen über die Lichtung. Das wollten sie unbedingt sehen und liefen hinterher, um zu erkunden wo die Höhle hinführte. Aber es war nichts mehr zu sehen, nur aufgewühlte Erde und ein glatter dunkler Gang, der nach unten führte. Finnek war besonders neugierig und wollte wissen wohin das Tier verschwunden war. Deshalb rief er laut nach unten in das Loch hinein: „Hallo, hallo wohnt hier jemand? Hallo, hallo!“.
„Was wollt Ihr hier? Hier ist keine Wohnung frei!“, schalte es aus der Höhle zurück. „Nein, nein,“ sagte Finnek, „wir sind Keller- und Gartenmäuse und haben noch nie einen solchen Fluchtweg gesehen. Deshalb wollten wir mal schauen, wie so etwas gebaut wird und ob man es da unten aushalten kann. „Ach so“, sagte das Kaninchen, das jetzt seinen Kopf aus der Dunkelheit nach vorne schob, „dann kommt mal vom Noteingang weg, da draußen lauert der Rainer, kommt runter. Ich zeige euch alles was ihr sehen wollt! Aber kommt da weg!“
„Ja, ja“, riefen beide gleich und schon waren sie im Kaninchenbau. Sie staunten nicht schlecht, dass die Höhle so geräumig war und so viele Räume hatte. Die Wohnung hatte einen langen Flur, eine geräumige Diele, einen Schlafraum, in dem sechs Kaninchenkinder aneinander kuschelten, eine Küche mit zwei Vorratsräumen und neben dem ‚Noteingang’ auch einen gemütlichen Ausgang.
„Mein Name ist Hop Pelo, gemeinsam mit meinem Mann Hops Sassa baue ich besonders gemütliche Wohnungen, schon unsere Eltern und Großeltern waren Baumeister, wir haben das Bauen einfach im Blut und sind die besten Tiefbaumeister im Wald.“, Hop Pelo machte eine kurze Pause, überlegte und sagte dann: „Und da übertreibe ich gar nicht!“ Die beiden Mäuseriche waren tief beeindruckt und fragten: „Könnt Ihr uns das beibringen?“ „Natürlich könnte ich es euch beibringen, wie man gut und günstig baut, aber das würde einen Sack Möhren aus eurem Garten kosten.“ Die beiden Keller- und Gartenmäuse schluckten bei dem Preis und schauten sich gegenseitig mit großen Augen an. Hop bemerkte die Verwunderung und sagte beruhigend: „Erzählt es euren Eltern, es ist ein gutes Angebot! Überlegt es gemeinsam und sagt mir dann Bescheid. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit euch. Und passt bloß auf die hinterhältigen und schlauen Füchse auf, die fressen nicht nur Kaninchen, sondern auch gerne Mäuse!“
„Danke, die Wohnungsbesichtigung war sehr schön, danke auch für das Angebot, aber wie sehen die Füchse denn aus? Wir haben keine im Keller oder im Garten.“, meinte Finnek. „Füchse haben so einen rötlichen Pelz und einen langen buschigen Schwanz“, erklärte Hop. Die Mäuse schauten sich wieder mit großen Augen an, schließlich hatten sie schon einen gesehen, gut, dass sie dem aus dem Weg gegangen sind.
Rumms, da plumpste Hops den Noteingang hinein und keuchte: „Evelyn, die Frau von Rainer ist hinter mir her, aber ha ha hier kriegt sie uns nicht.“, und als er ein kratzendes und scharrendes Geräusch hörte, fügte er noch ein „Hoffentlich!“, an. Da schrie Evelyn von oben in die Fallröhre: „Wir werden dich schon kriegen, dann hat es sich ausgehopst!“
Nach einer bedrückten Weile sagte Finnek: „Wir müssen uns auf den Heimweg machen, es ist noch ganz schön weit nachhause.“ Die gesamte Kaninchenfamilie mit den jetzt aufgeweckten Jungs Zip, Zap und Zerap und den Mädchen Pip, Pop und Hiphop waren zum Abschied gekommen. Pip fragte: „Können wir euch mal besuchen kommen, ich würde so gerne mal einen Garten sehen!“
„Sehr gerne“, antworte Baro ganz freundlich. „Ihr könnt ja nächstes Jahr zur Ernte kommen, meine Eltern freuen sich bestimmt über Hilfe im Garten!“
Ab in den Westen
Und mit dem Versprechen spätestens im Frühjahr wieder zu kommen, waren die Mäuse durch den gemütlichen Haupttunnel in den Wald spaziert. Auf einmal wurde Baro ganz aufgeregt: „Ich weiß nicht mehr in welche Richtung wir gehen müssen. War es Süden oder Norden?“
Finnek hatte gelernt und aufgepasst: „Es war Westen, wir sind mit dem Westwind hierhergekommen. Er leckte sich seine Fingerspitzen und hielt sein Pfötchen in die Luft. Hier ist es, hier weht der Wind her, dort gehen wir hin. Gesagt, getan und beide begaben sich auf den Heimweg. Ganz beschwingt und stolz erzählten sie miteinander, was sie alles zuhause erzählen können. Sie fühlten sich schon wie große Mäusemänner und könnten sich wohl überall auf der Welt zurechtfinden.
Da flogen kleine Kugeln an ihren Köpfen vorbei und kullerten auf dem Weg umher. Eine bekannte Stimme rief aus dem Dunkeln: „Ihr seid ganz schön spät dran, wollte gerade einen Suchtrupp aussenden! Nehmt die Zäpfchen für eure Eltern mit und kommt gut nach Hause“, rief Herr Bing, der irgendwo versteckt geblieben war.
Auf der Wiese lief ihnen ein Tier mit Stacheln am ganzen Körper über den Weg. Das war Egbert der Igel, von dem hatten sie schon gehört. Egbert hatte einen Apfel und ein paar Pflaumen auf dem Rücken aufgespießt. Finnek fragte: „Was machst du mit dem Obst? Wo schaffst du das hin?“ „Das ist mein Wintervorrat!“, meinte Egbert. „Ihr seid Mäuse, ich kenne euch! Ich habe euch nicht in bester Erinnerung, ihr seid Diebe! Ihr habt mir schon meinen ganzen Vorrat an Nüssen gestohlen. Der war für den Winter geplant. Macht euch hier weg. Sonst mache ich euch Beine!“, grunzte Egbert muffig.
„Wir waren das aber nicht!“ protestierten die beiden Buben. „Schleicht Euch!“, rief Egbert. So einfach war das Leben in Wald und Wiese auch nicht, dachten sich die beiden und gingen jetzt etwas schneller. Sie freuten sich auf daheim und auf das Essen, für das die Eltern bestimmt schon gesorgt hatten.
„Ach wie schön kann daheim sein.“, sagte Finnek beim Essen und Baro nickte.
Nach dem Essen ging Finnek zu ’seiner‘ Mauerlücke und schaute verträumt heraus.
Ende Teil 3
Die Figuren
Finnek = der Mäusebub, Gunda = die Kreuzspinne, Mutter = Finneks Mutter, Carli = der Onkel, Baro = Carlis Sohn, Finneks Cousin, Paul = der bayerische Maulwurf, Herr Bing = die Spitzmaus, Murner = die Waldkatze, Hop Pelo und Hops Sassa = die Kaninchen, Zip, Zap und Zerap = die Söhne von Hop und Hops, Pip, Pop und Hiphop = die Töchter von Hop und Hops, Rainer und Evelyn = die Füchse, Egbert = der Igel
Die Autorin
Helene Wilhelmine Hartmann ist 1921 in Süßwinkel in Schlesien geboren. Die fast 100-jährige ist 5-fache Mutter, 8-fache Großmutter und 6-fache Urgroßmutter. Schon ihr ganzes Leben liebt sie es, sich altersgerechte Kindergeschichten auszudenken und zu erzählen. Ihre Tierhelden sind alle liebenswert und in ihren Charakteren ganz schön menschlich. An den Geschichten rund um Finnek, den Mäusebuben schreibt sie immer mal wieder seit mehr als sechzig Jahren. Die Geschichten strotzen vor märchenhaften Begegnungen und kleinen Wendungen. Die Erzählweise ist augenzwinkernd. Meistens wird es ganz schön knapp für die Hauptfiguren, aber irgendwie schaffen sie es dann doch immer.
Die Illustratorin
Josephine Mayer-Hartmann aus Heidesheim am Rhein ist Mutter zweier erwachsener Söhne. Sie hat viele Jahre in Hamburg, meistens Altona verbracht und lebt derzeit in einem romantischen Fachwerkhaus auf der thüringischen Seite der Werra in der Nähe von Bad Hersfeld. Dort hat die Tierliebhaberin viel Platz und Muße für lange Spaziergänge mit Ihren Hunden. Häufig hat sie ihre Kamera dabei und mit dem Auge fürs Detail entstehen zauberhafte Makrofotografien der umgebenden Natur, die vielfach veröffentlicht sind. Die zarten Aquarelle zur Illustration der Finnek-Geschichten ist schon ihre zweite Arbeit für die Autorin.
***