Hochheim wählt – wird Hochheim die Wahl haben?
In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause bestimmte die Stadtverordnetenversammlung die Termine zur Direktwahl des Bürgermeisters auf den 07.06.2020 und für eine eventuell notwendige Stichwahl den 21.06.2020.
Ein Wahltermin ist für sich genommen für unsere durch das Grundgesetz geschützte Staatsform nichts Ungewöhnliches. Wohl eher wird das Wahlrecht als so gewöhnlich erachtet, dass es nicht einmal der Mühe wert ist, es wahrzunehmen. Besonders kommunale Direktwahlen erfreuen sich weitgehender Teilnahmslosigkeit.
Um was geht es? Der Bürgermeister als Leiter der kommunalen Verwaltung wird durch die Gemeinde direkt gewählt. Seine Amtszeit beträgt sechs Jahre. Diese endet in Hochheim am 30.09.2020. Entgegen landläufiger Ansicht ist der Bürgermeister nicht der Erste Bürger der Stadt. Diese Funktion ordnet das Gesetz dem Stadtverordnetenvorsteher in seiner geschlechtsspezifischen Prägung zu.
Es ist der Zeitpunkt des Wahltermins, der eine besondere Betrachtung rechtfertigt.
Bereits im auf die Bürgermeisterwahl folgenden Frühjahr 2021, wohl im März, werden die Bürgerinnen und Bürger in Hessen aufgerufen sein, die kommunalen Vertretungen neu zu wählen.
Die zeitliche Nähe beider Wahltermine eröffnet die Frage, ob nicht Kandidaten zum Bürgermeister und Programmatik der Parteien für die darauffolgende Kommunalwahl eine überzeugende Einheit bilden könnten, weil sich Parteien bereits zur Bürgermeisterwahl auf Kandidat und politische Ziele für die Kommunalwahl verständigen.
Das aus mindestens zweierlei Gründen:
Es wäre ein politisches Armutszeugnis der Hochheimer Kommunalpolitik, wenn sich eine Wahl zum Bürgermeister in Zustimmung oder Ablehnung für einen Kandidaten erschöpfen würde.
Die bisherige Leistung des Amtsinhabers ist keinesfalls geeignet, ihn als die einzige und beste Lösung für Hochheims Zukunft zu sehen.
In den unwägbaren Niederungen der Meinungsumfragen, die Zustimmung zu politischen Parteien und Wählerverhalten zu ergründen versuchen, zeigt sich derzeit eine politische Konstellation, die auch kommunal in der Zusammenarbeit rechnerisch bald mehrheitsfähig sein könnte. Hier ist von Bündnis90/Grüne und der CDU die Rede. Das ist kommunalpolitisch nicht ohne Sprengkraft.
Beide Parteien eint, dass ein christliches Weltbild, auch wahrgenommen als Bewahrung der Schöpfung, ein überzeugender und breiter politischer Konsens ist, der in praktizierter Kommunalpolitik eine große Schnittmenge schaffen kann.
Jedoch ist es der CDU in Hochheim in der politischen Arbeit in der aktuellen Legislaturperiode nicht gelungen, Grüne durch glaubhafte und einleuchtende Initiativen für politische Gemeinsamkeiten einzunehmen. Das mag nicht nur – das liegt verbindlich an den Personen, welche die CDU aktuell repräsentieren. Teile davon sind für Demütigungen verantwortlich, die ehemaligen Mitgliedern der eigenen Partei zugefügt wurden. In Stephanie Kappen ist ein ehemaliges CDU-Mitglied heute bei den Grünen aktiv und weiß nur zu gut über die charakterlichen Eigenheiten amtierender CDU-Funktionäre zu berichten.
Gleichzeitig möchte und muss die CDU ihr Trauma überwinden, in einer Stadt, die einstmals mit absoluter Mehrheit regiert wurde, nach 30 Jahren wieder einmal in die Nähe des Bürgermeisteramts zu kommen. Soll das gelingen, darf es kein Tabu geben in Sach- und Personalfragen. Immerhin ist die CDU derzeit die stärkste Kraft in der Stadtverordnetenversammlung – noch. Denn wer den Wählerwanderungsstatistiken glaubt, der wird anerkennen müssen, dass CDU-Wähler zunehmend in größerem Maße für grüne Programmatik empfänglicher sind als umgekehrt.
In der kommunalpolitischen Arbeit vermochte auch Bündnis 90/Grüne im Zusammenwirken mit SPD und einer politisch unsteten FWG bisher nicht zu überzeugen. Obwohl mit Mehrheiten ausgestattet, ist grüne Kommunalpolitik faktisch unsichtbar.
Die Bürgermeisterwahl und die sich aus der Sicht der Wahlkämpfer daran unmittelbar anschließende Kommunalwahl fordern für den Fall einer möglichen Zusammenarbeit beider Parteien die Bewältigung politischer Vergangenheit, was auch zwischenmenschliche Aspekte umfasst und ein Konzept für ein zukünftig lebenswertes Hochheim.
Ein überzeugender Kandidat und ein zukunftstaugliches Programm, darüber würden Wähler und Wählerinnen in Hochheim gerne abstimmen. Die Zeit dafür könnte so reif sein.
Sollten beide Parteien, CDU und Bündnis90/Grüne, sich auf dem Weg in die kommunalpolitische Zukunft bei der Bürgermeisterwahl im kommenden Jahr wegducken, nähmen sie sich selbst gute Gründe, ihnen bei der Kommunalwahl 2021 eine Stimme zu geben.