Benefizkonzert für die Ukraine in der Flörsheimer Stadthalle
Benefizkonzert für die Ukraine in der Flörsheimer Stadthalle
Dass von der Gesellschaft für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit (CJZ) im Main-Taunus initiierte und von der Stadt Flörsheim, dem Caritasverband Main-Taunus e.V. und der Europa Apotheke unterstützte Benefizkonzert am letzten Sonntag in der Flörsheimer Stadthalle war sowohl musikalisch als auch in Bezug auf die Spendeneinnahmen ein voller Erfolg.
Hauptorganisator Franz Kroonstuiver und sein Team freuten sich, mehr als 100 Zuhörer begrüßen zu können, unter ihnen Flörsheims Bürgermeister Dr. Bernd Blisch, die Erste Kreisbeigeordnete des Main – Taunus – Kreises Madlin Overdick, den Frankfurter Rabbiner Schlomo Raskin und auch Vertreter der Flörsheimer christlichen Kirchen.
In einem kurzen Grußwort gab Bürgermeister Blisch den Dank der Organisatoren für das spontane zur Verfügung stellen der Stadthalle und des Equipments auf der Bühne sehr gerne an diese zurück: „Sie hatten die Idee und ihre Kooperationspartner sagten sofort die Unterstützung zu, die Kernarbeit blieb allein bei ihnen – dafür gebührt ihnen große Anerkennung!“ Blisch rief das Bild der 93jährigen jüdischen Dame aus den Fernsehnachrichten in Erinnerung, die mit ihrem ein Jahr älteren Mann jetzt aus der Ukraine nach Deutschland flüchten musste – nachdem sie vor vielen Jahren vor den Nationalsozialisten aus Deutschland in die Ukraine geflüchtet war.
„Sie und auch Präsident Selenskyj erinnerten uns an die so oft gesprochenen Worte „Nie wieder!“, die bei uns die Frage aufkommen lassen müssen, ob wir genug für dieses „Nie wieder!“ getan haben und noch tun oder ob wir zu schnell wieder zur Tagesordnung übergehen“, meinte Blisch und bedankte sich bei der CJZ ganz besonders dafür, dass sie immer wieder dafür sorgt, „dass wir nicht zu schnell zur Tagesordnung übergehen.“
Carol Wanske, die katholische Vorsitzende der CJZ Main- Taunus, dankte dem Publikum dafür, dass es mit dem Besuch des Konzerts seine Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zeigte. Sie warf die Frage auf, wie wohl unsere Nachkommen auf uns schauen werden, wenn sie sehen, was zu diesem Krieg geführt hat: „Werden sie uns für unsere Geduld loben oder für unser langes Zögern tadeln?“ Carol Wanske zitierte John Donne und machte damit sicher alle nachdenklich: „Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Festlandes. Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird, wird Europa weniger, genauso als wenn’s eine Landzunge wäre, oder ein Landgut deines Freundes oder dein eigenes.“
Die Worte, die der Flörsheimer katholische Pfarrer Friedhelm Meudt anlässlich einer Mahnwache für die Ukraine sprach: „Trotz verschiedener oder auch keiner religiösen Bekenntnisse haben doch alle Menschen eine ähnliche Vorstellung von Gut und Böse“ waren für den evangelischen Pfarrer Karl Endemann der richtige Einstieg in das ökumenische Friedensgebet des Jahres 2022, welches er dem Publikum eindringlich vortrug.
Der Frankfurter Rabbiner Schlomo Raskin machte mit Bibelworten Hoffnung auf Frieden: „Ich werde Frieden auf die Erde geben und ihr werdet schlafen ohne Ängste“ zitierte er. Auch lobte Raskin die Musiker, die Veranstalter und das Publikum für ihr „handeln“, denn sein alter Rabbi habe zu ihm gesagt, jedes Handeln sei mehr wert als 1000 Seufzer: „Denn das Seufzen wird nicht helfen, nur das tun kann helfen. Handeln braucht Mut- ihr seid mutige Menschen, ihr tut etwas!“ Mit einem gesungenen jüdischen Gebet schloß Schlomo Raskin die Rednerrunde ab.
Der wunderbare musikalische Teil des Benefizkonzertes auf der in dezentes blaues und gelbes Licht getauchten Bühne wurde von dem Cellisten Ramón Jaffé interessant und charmant moderiert.
Auf den schönen musikalischen Nachmittag wunderbar eingestimmt wurde das Publikum von Ostap Shpik, einem jungen Violinisten aus der Ukraine, mit dem Adagio aus der Sonate g-moll BWV 1001 für Violine von J. S. Bach. Dann spielten Ramón Jaffé und die Pianistin Monica Gutmann „die schönsten Perlen der Kammermusik von Schumann“, die Fantasiestücke für Violoncello & Klavier op. 73.
Es folgten „4 Duos für Violine und Violoncello op. 39“ des in der Ukraine geborenen Komponisten Reinhold Gliére, virtuos gespielt vom ebenfalls aus Kiew stammenden Violinisten Marat Dickerman und von Ramón Jaffé. Auch dem Komponisten Alexander Weprik, mit dessen temperamentvollen „3 Volkstänzen op. 13 für Violine, Violoncello & Klavier“ die beiden international renommierten Musiker danach die Zuhörer erfreuten, wird eine ukrainisch- russische Herkunft nachgesagt.
„Das ist allerdings nicht so ganz geklärt“ schmunzelte Jaffé und gab damit einen Hinweis auf die eigentlich sehr enge Verbundenheit der Menschen aus beiden Ländern. Das der Violinist Ostap Shpik aus der Ukraine stammt, machte er ganz offensichtlich sehr gerne auch musikalisch klar: der junge Musiker spielte die „Melodie für Violine und Klavier“ von Myroslaw Skoryk sehr emotional, und das mit besonderem Grund: „diese Melodie ist so bekannt, jeder denkt sie wäre ein Volkslied – sie wird als (ukrainisches) Symbol der Hoffnung und des Friedens zurzeit auf der ganzen Welt gespielt“ verriet der Moderator den Zuhörern.
Am Piano wurde Ostap Shpik von Luis Ricardo Vélez Rodriguez begleitet. Die Zuhörer reagierten mit großem Beifall und „Bravo!“- Rufen auf dieses musikalische Symbol. Mit klanggewaltigen und furiosen Klängen aus Mendelssohns Trio d-moll op. 49 für Klavier, Violine & Violoncello, dessen „extrem virtuoser“ Klavierpart von Monika Gutmann exzellent interpretiert wurde, entließen die Pianistin, Marat Dickermann und Ramón Jaffé das Publikum in die Pause.
Mozarts getragene Klänge der Sonate B-Dur KV 378 für Klavier & Violine 2. Satz, wie sie nach der Pause von Ostap Shpik auf der Violine und Luis Ricardo Vélez Rodriguez auf dem Piano intoniert wurden, waren sicher gut geeignet, die Sehnsucht nach einer heilen, geordneten und fröhlichen Welt auszudrücken, welche ein schrecklicher Krieg wohl immer mit sich bringen mag.
Danach entführte ein „Milontan für Violoncello und Klavier“ von J. Bragato das Publikum nach Argentinien, Ramón Jaffé und Monika Gutmann zogen mit den leidenschaftlich zart gefühlten und virtuos gespielten Tönen die Zuhörer in ihren Bann.
Dazu standen zwar stilistisch, aber keinesfalls in Bezug auf die Darbietung die „Rumänischen Volkstänze für Violine und Klavier“ von B. Bartok im Kontrast: die feine, akzentuierte Melodik der Violine von Ostap Shpik, wieder am Klavier begleitet von Luis Ricardo Vélez Rodriguez, malte friedliche, idyllische Landschaften in die Vorstellung der Zuhörer – sie hinterließ zunächst eine atemlose Stille, gefolgt von begeistertem Applaus im Zuschauerraum.
Ramòn Jaffé und Monika Gutmann holten auch Klänge des „Königs des Tango“ mit dem „Esqualo für Violoncello & Klavier“ von A. Piazzolla in die Flörsheimer Stadthalle. Der Komponist selbst nannte die Melodie „Der Hai“, erfuhren die Zuhörer von Moderator Jaffé, sie wurde wohl nach einer Hochseeangeltour komponiert. Das Piazzolla sich „nicht am klassischen Tango festgehalten“, sondern seine Musik mit Elementen der Klassik und des Jazz „verfeinert“ hat, war sehr gut zu hören – der Hinweis Jaffés auf Dave Brubeck verdeutlichte das noch einmal.
Abgeschlossen wurde das wunderbare Benefiz- Konzert mit dem 1. Satz Allegro aus der „Cafe Music für Violine, Violoncello & Klavier“ von P. Schoenfield, einem noch lebenden Komponisten, der dafür bekannt ist, das er gern zwischen verschiedenen Genres wandert. Er soll die von Marat Dickerman, Monika Gutmann und Ramòn Jaffé noch einmal zusammen dargebotenen lebhaften, optimistischen Melodien tatsächlich ein einem Café geschrieben haben.
Dadurch, dass die hochkarätigen Musiker an diesem Nachmittag alle auf ihre Gage verzichteten konnten mehr als 2.200 Euro an Spenden gesammelt werden, mit denen die CJZ die Flüchtlingshilfen der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden und der Flörsheimer Partnerstadt Pyskowice sowie die Ukrainehilfe von Caritas International unterstützen wird.
Bildunterschriften
benefizkonzert cjz ak (1):
Ostap Shpik (Violine) und Luis Ricardo Vélez Rodriguez (Klavier) beim Ukraine-Benefizkonzert der CJZ MTK in Flörsheim.
benefizkonzert cjz ak (2):
Marat Dickerman (Violine), Monika Gutmann (Klavier) und Ramón Jaffé (Violincello) beim Ukrainie Benefiz-Konzert der CJZ in Flörsheim.