Der seltene Steinschmätzer fühlt sich wohl auf der Rhein-Main Deponie in Flörsheim-Wicker
(hvw/rmd) – Der Sommer 2018 war für die in Deutschland vom Aussterben bedrohte Vogelart Steinschmätzer ein gutes Jahr: 16 Brutpaare auf der Deponie Flörsheim-Wicker haben mindestens 40 Jungvögel großgezogen. Das ist Rekord seit der genaueren Beobachtung im Jahr 2000. „Damit spielen die Flächen unserer Deponie im Rahmen der Umsetzung des hessischen Artenhilfskonzeptes (AHK) „Steinschmätzer“ eine zentrale Rolle für den Fortbestand der in Hessen akut vom Aussterben bedrohten Art. Das Vorkommen besitzt sogar nationale Bedeutung, da es eines der wenigen beständigen, aber weitgehend isolierten Vorkommen in Südwest-Deutschland ist“ freut sich die RMD-Aufsichtsratsvorsitzende Madlen Overdick.
Das Gelände des Rhein-Main Deponieparks weist aufgrund seiner betriebsbedingt großflächig vorhandenen unbewachsenen bzw. kürzlich rekultivierten Offenbodenstandorte ein vielfältiges, in der „Normallandschaft“ kaum noch vorkommendes Lebensraum-Mosaik für sonst selten gewordene Tier- und Pflanzenarten auf. Sie sind auf diese Bereiche oder steinigen bzw. sandigen Boden angewiesen und kommen nur noch an solchen Stellen vor. Früher lebten diese Arten in ursprünglichen, unverbauten Flussauen, in den alljährlich Hochwasserereignisse neue, sandige und kiesige Rohbodenstandorte schufen. Betrachtet man die heutige Verbreitung ursprünglicher Flussauen und großflächiger Magerstandorte in Mitteleuropa, liegt es auf der Hand, dass diese auf weitgehend verschwundene Lebensräume angewiesenen Tier- und Pflanzenarten mittlerweile zu den seltensten und bedrohtesten Organismen zählen. Entsprechend groß ist die Bedeutung für den Schutz und Erhalt dieser Arten und damit für den Erhalt der Biodiversität allgemein.
Vor diesem Hintergrund kommt der Deponie Wicker eine große landes- und mittlerweile sogar bundesweite, naturschutzfachliche Bedeutung durch das Vorkommen der letzten hessischen Population des Steinschmätzers (Oenanthe oenanthe) zu. Die RMD hat im Jahr 2017 das Büro für faunistische Fachfragen, Dipl.-Biologe Matthias Korn aus Linden und Dipl.-Biologe Stefan Stübing aus Bad Nauheim mit der Detailerfassung des Steinschmätzervorkommens im Hinblick auf Bruterfolg, Brutplätze und Nahrungsflächen beauftragt, um fundierte Aussagen und Empfehlungen zum langfristigen Erhalt dieses letzten größeren Vorkommens der Art in Hessen treffen zu können.
Der Untersuchungszeitraum ist ab 2017 für einen Zeitraum von 5 Jahren konzipiert, um die Auswirkungen unterschiedlicher Witterungsverläufe und die Beringungsergebnisse (die Vögel werden gefangen und mit Farbringen markiert) ausreichend berücksichtigen zu können.
Die auf der Deponie vorkommenden Steinschmätzer wurden im Rahmen von monatlich ein bis zwei Kontrollen von jeweils bis acht Stunden Dauer im Zeitraum von Mai bis Juli zur Erfassung der Brutstandorte und des Bruterfolgs beobachtet. Die Beobachtung erfolgte weitgehend störungsfrei. Im Juli und August erfolgte die Beringung der anwesenden Steinschmätzer. Die Untersuchungen wurden neben den beiden schon genannten Dipl.Biologen durch die Erfassung und langjährigen Kenntnisse des stellvertretenden Geschäftsführers und Naturschutzdezernenten des BUND, Thomas Norgall und dem Mitarbeiter der RMD Unternehmensgruppe, Knut Eckes, begleitet.
Als Zusammenfassung und Fazit konnte nachgewiesen werden, das im Jahr 2018 insgesamt • 16 Brutpaare mit mindestens 40 flüggen Jungvögeln (15 erfolgreiche Erstbruten und 4 Zweitbruten), • 2 Brutpaare mit fütternden Altvögeln ohne Nachweis von flüggen Jungvögeln, • 1 vermutliches Brutpaar mit Umsiedlung, • 1 einmalig beobachtetes Paar ohne Bruthinweis, • 3 Reviere mit länger anwesenden, singenden, aber unverpaarten Männchen, sowie • 3 nur an einem Tag mit besonders intensiver Beobachtung zusätzlich erfasste Männchen auf dem Deponiegelände vorhanden waren.
Bild: Steinschmätzer