Ein Weinfest der gemeinsamen Freude

In der Diskussion um die Belastung der Anwohner des Weinfestgebietes in der Hochheimer Altstadt beziehen weitere Betroffene Position und beanspruchen eine geringere Lärmbelastung während der Festtage. Sie kritisieren darüber hinaus die harte Linie des Bürgermeisters, Dirk Westedt, der ultimativ bestimmte, dass es ein Weinfest ohne Musik nicht geben werde. Die Anwohner sind durchaus verärgert, dass Westedt sich zu einer Entgegnung hinreißen ließ, ohne vorher mit den ihnen den Gedankenaustausch gesucht und ihnen zugehört zu haben. Die Anzahl der Betroffenen, die den Gang zum Gericht ernsthaft in Erwägung ziehen, wächst. Dem könnte Westedt entgegenwirken, wenn der zeitnah ein Angebot zum lösungsorientierten Gespräch unterbreitet.

Der Ärger der Altstädter ist, wie zwischenzeitlich bekannt wurde, durchaus berechtigt und mit Messdaten belegt. Während der Auftritte der Musikgruppen an den Weinfesttagen führten Experten in den Räumen und Gehöften der Altstadtbewohner Messungen durch, welche eine Lärmbelastung oberhalb der zulässigen Grenzwerte für die Nachtstunden bestätigte. Die Ergebnisse liegen der Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft als Veranstalter des Weinfestes vor.

Die Menschen in der Altstadt sind zweimal im Jahr durch die Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft und durch den Hochheimer Weihnachtsmarkt, für den der Hocheimer Handwerker- und Gewerbeverein verantwortlich zeichnet, in ihrem Wohnwert eingeschränkt.

Mit Ihrem Anliegen, in Zukunft weniger durch die Festtage in ihren Lebensumständen beeinträchtigt zu werden, können sich die Altstädter auf die erhobenen Messwerte stützen, die das zulässige Maß während der Festtage überschritten.

Nach der geltenden Rechtslage sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Immission bedeutet bezüglich der Umweltgesetzgebung Einwirkung von Störfaktoren aus der Umwelt auf den Menschen und natürliche Umwelt.

Zweifelsfrei ist die musikalische Darbietung in allen Stilrichtungen, sei es Blasmusik oder Techno Pop als eine Immission anzunehmen, welche auf den Menschen einwirkt, und ihn belästigen oder ihm andere Nachteile zufügen kann.

An den weiteren Voraussetzungen, wie die Art, Ausmaß oder Dauer zu bestimmen sind, ab denen von einem Störfaktor eine Benachteiligung ausgeht, arbeiten sich die Gerichte in einzelfallbezogenen Entscheidungen ab.

Bereits im Jahre 1990 setzte sich der Bundesgerichtshof damit auseinander, ob Festgebiete, die an eine Wohnbebauung angrenzen, sich ab 22 Uhr an die Lärmobergrenze zu halten haben. Grundsätzlich wird dies durch die Richter bejaht. Dabei verwiesen sie auch darauf, dass für ein Volksfest, welches nur an wenigen Tagen im Jahr stattfindet, den von Lärm betroffenen Anwohnern Zugeständnisse abverlangt werden können. Jedoch müssen auch dann Anwohner eine deutliche Überschreitung des Lärmschallpegels nach 22 Uhr nicht hinnehmen.

Ungeachtet möglicher Besonderheiten in der abgeurteilten Rechtsfrage stützen sich Ausrichter, Beschicker und Gäste auf die Hoffnung, dass die Beteiligten zum Gespräch zusammenfinden und den Konflikt ausgerichtlich beilegen, miteinander eine Lösung im Einvernehmen erarbeiten. Die strittige Entscheidung durch ein Gericht könnte die Zukunft des Weinfestes ernsthaft bedrohen, auch im Wettbewerb mit anderen Festivitäten, die im Nahbereich an demselben Wochenende stattfinden und denen das Recht mehr Freiräume durch die Lage des Festgebietes zugesteht, sie daher für Besucher als attraktiver wahrgenommen werden.

In Anlehnung an die Grundzüge der Rechtsprechung und im Ausgleich der Interessen können nachfolgende Überlegungen eine mögliche Einigung beschreiben.

Denkbar wäre, dass das Weinfestgebiet sich auf die Altstadt und die angrenzenden Weinbergswege beschränkt. Das Festgebiet umfasste den Zugang über die von der Mainzer Straße aus in die Altstadt abgehenden Straßen und Gassen sowie die Hintergasse. Die Frankfurter Straße als auch die Mainzer Straße wären aus dem Festgebiet ausgenommen. Den dort angesiedelten gastronomischen Betrieben gestatten die allgemeinen Öffnungszeiten auch während des Weinfestes, um Gäste zu werben. Dazu ist nicht erforderlich, dass sie in das Festgebiet eingebunden sind.

Innerhalb des Festgebietes wären zwei Bühnen platziert, eine zentral am Kälberplatz, eine weitere an der Backhauswied. Ein weiteres Musikangebot fände seine Zuhörer, wie in den vergangenen Jahren, in den Weinbergen.

Die Bühnen innerhalb des Festgebietes wären musikalisch daran ausgerichtet, welche Musikinstrumente eingesetzt werden, damit verbindet sich die eingesetzte Technik, welche auch auf die Lautstärke Einfluss nimmt.

Alle musikalischen Angebote am Kälberplatz und der Backhauswied enden um 23 Uhr, um den Schallpegel für die Nachtruhe zu erreichen.

Das Festgebiet in der Altstadt wäre nach 23 Uhr für alle Arten des Betriebs geschlossen.

Das Feiern in den Weinbergen könnte dagegen auch nach 24 Uhr noch gestattet sein. Auch hier könnten Beschränkungen in der Lautstärke der Musik auferlegt werden, trifft doch der Lärmschallpegel direkt auf die Wohnbebauung.

Es bleibt die Verantwortung des Ausrichters als auch der Anwohner, bis zur Eröffnung des Weinfestes 2019 verlässliche Absprachen zu treffen. Dazu werden beide Seiten sich bewegen müssen. Nicht zuletzt kann mit einem einvernehmlich verabredeten und verlässlichen Kompromiss ein wechselseitiger Klageverzicht vereinbart werden.

Ein Weinfest, an dem sich alle gleichermaßen erfreuen, dem Zukunft im Miteinander garantiert ist, wer wünscht sich das nicht.

 

 

 

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