Karin Bachner brilliert als Ella Fitzgerald
Wiener Schmäh und amerikanischer Swing beim Flörsheimer Lions-Konzert
(hn) Mit „Das hier ist keine Schulaula, das hier ist ein Jazz-Club!“, animierte die vielfach ausgezeichnete Jazz-Sängerin Karin Bachner mit ihrem unüberhörbaren Dialekt die Besucher des elften Benefiz-Frühjahrskonzertes des Lions Clubs Hochheim-Flörsheim. Vieler Worte der überaus eloquenten und unterhaltsamen Wienerin hätte es gar nicht bedurft, denn mit ihrer wandlungsfähigen Stimme zog Bachner die rund dreihundert Gäste auch musikalisch direkt in ihren Bann.
Das aktuelles Bühnenprogramm der Komponistin und Vocalcoachin lautet „Ella Forever – A Tribute to Ella Fitzgerald“, welches Karin Bachner üblicherweise mit einer kleinen Combo, ihrer „Pocket Big Band“, vorträgt. In Flörsheim wurde sie hingegen von der Jazz-Express Bigband begleitet, einer aus dem Hessischen Landesjugendorchester hervor gegangen und vom ehemaligen Schüler des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums Jonas Kießling ins Leben gerufenen Bigband junger Musiker.
Vom ersten Ton an war klar, dass diese Zusammensetzung der gestandenen Profi-Sängerin („Ich bekenne mich als Ü50erin“) und den Bigband-Musikern im Schüler- und Studentenalter ausgezeichnet funktioniert. Diese zeigten sich begeistert, mit mindestens sechzig Jahre alten und Ella Fitzgerald auf den Leib geschriebenen Bigband-Arrangements in die jüngere Musikhistorie eintauchen zu dürfen.
Eine musikalische Zeitreise
So hatte kein geringerer als der junge Quincy Jones, später selbst weltbekannt geworden als Produzent des „King of Pop“ Michael Jackson, mit „Ain‘t Missbehavin“ von Fats Waller einen der ersten und viele weitere Titel des Lions-Konzerts für Ella Fitzgerald arrangiert. So ließ sich das begeisterte Publikum gerne auf eine Zeitreise durch den Swing mitnehmen, die zeitlich mit Goerge Gershwins „Fascinating Rhythm“ im Jahr 1924 begann und 1954 mit Johnny Mercers „Something Gotta Give“ endete.
Auch die Charakteristik der vorgetragenen Titel nahm das Publikum mit seiner ganzen Breite ein: Vom melancholisch-synkopischen „Caravan“ (Duke Ellington, 1936) über populäre Musical-Melodien (aus „Kiss me Kate“: „Too Darn Hot“ von Cole Porter, 1947) bis hin zu weithin bekannten Werbemelodien („Night & Day“ ebenfalls von Cole Porter, 1932) ging die musikalische Reise über 17 Titel.
Neben Karin Bachner begeisterte die Jazz-Express Bigband jederzeit als ganzes, aber auch ihre Solisten im einzelnen: Matthias Opfermann, der organisatorisch für den erkrankten Bigband-Leiter Jonas Kießling eingesprungen war, beherrschte meisterhaft die Trompete. Yannick Dreifert überzeugte nicht nur am Alt-Saxophon, sondern koordinierte mit seiner rechten „Dirigentenhand“ (Zitat Bachner) auch die Bigband. Mit Benedikt Fröhlich (Piano), Jonathan Neubauer (Tenor-Saxophon), Bruno Bolz (Guitarre), Thomas Baley (Bass) und Maxime Hüninghaus (Drums) stachen weitere Solisten im positivsten aller Sinne an ihren Instrumenten heraus.
Überaus unterhaltsam und variantenreich gestalteten sich zudem die Arrangements der Instrumentalbegleitung, und dies sowohl durch die von Titel zu Titel variierenden Betonungen der Bläserstimmen, als auch durch die Besetzung der Stücke selbst. Extreme bildeten dabei das nur mit Posaunen und Rhythmusgruppe besetzte „What Is This Thing Called Love“ (Cole Porter, 1929) sowie „What a Wonderful World“ (Bob Thiele, 1967), welches eher in Popband- als in Bigband-Besetzung ausschließlich mit Piano, Guitarre, Bass und Drums zur Aufführung kam. Brilliant bei diesem Song auch Karin Bachner, die es fertig brachte, mit ihrer wandelfähigen Stimme für ein weiteres Highlight des Konzertabends zu sorgen: Sie wusste in ein und demselben Lied sowohl die weiche Singstimme Ella Fitzgeralds perfekt zu interpretieren, als auch die deutlich tieferen Vocals von Luis Armstrong, mit der für ihn typischen, rauen und bellenden Charakteristik, in die Aula des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums zu zaubern.
Schüler-Bigband bestreiter den Konzertauftakt
Zum Auftakt des Konzertes hatte einmal mehr die Bigband der Schule unter der Leitung von Musiklehrer Bernhard Frank ihr musikalisches Niveau bewiesen. Rund dreißig Schülerinnen und Schüller gestalteten mit drei Titeln von Duke Ellington und George Gershwin das Vorprogramm ebenfalls als eine Hommage an Ella Fitzgerald.
Wegen kurzfristiger Krankheitsfälle – unter anderem der zweiten Sängerin – nötigte der Konzertauftakt auch den Gymnasiasten Improvisationsvermögen ab: Gesangssolistin Sophia Köller (10. Jahrgangsstufe) wusste nicht nur beim vielfach geprobten „‘S Wonderful“ zu begeistern, sondern überzeugte auch beim kurzfristig übernommenen „Caravan“. Aus der Not eine Tugend machte die Schüler-Bigband des Graf-Stauffenberg-Gymnasiums dann beim vertretungsweise instrumental vorgetragenen „Embraceable You“: Matthias Opfermann von der Jazz-Express Bigband traf mit seinem Flügelhorn ausgezeichnet die Stimmlage Ella Fitzgeralds.
Musik genossen und Gutes dabei getan
Die Umbaupause zwischen Schüler-Bigband und Karin Bachner nutzt Lions-Präsident Marcus Neuhaus, um die Ehrengäste Dirk Westedt und Claudia Weltin aus Hochheim sowie Michael Kröhle und Klaus Hartwich aus Flörsheim zu begrüßen. Dem letztgenannten galt sein besonderer Dank als Hausherr, in dessen Schulaula seit Jahren die Lions-Frühjahrskonzerte stattfinden dürfen. Auch nutzte Präsident Neuhaus die Gelegenheit, um den Konzertgästen einen Einblick darüber zu geben, was mit den Überschüssen der Benefizaktivitäten des Lions Clubs Hochheim-Flörsheim geschieht.
Spenden des Lions Clubs kommen insbesondere der Integrationsarbeit mit Geflüchteten sowie der Jugendförderung in Hochheimer und Flörsheimer Schulen, Kindertagesstätten und Einrichtungen mit Menschen mit Beeinträchtigungen zugute. So konnten die Besucher des federführend von Heinz-Peter Kohl organisierten Benefizkonzerts mit Karin Bachner und der Jazz-Express Bigband nicht nur einen ausgesprochen unterhaltsamen und musikalisch hochkarätigen Abend genießen, sondern haben mit ihren Eintrittsgeldern auch soziale Projekte unterstützt.