Schulleiter Matthias Stumpf verlässt die Edith-Stein-Schule – Elf Jahre verantwortlich für die Weiterentwicklung der beruflichen Schulen für körperliche und motorische Entwicklung im Antoniushaus
(bw/ah) – Spricht man mit dem scheidenden Schulleiter der Edith-Stein-Schule im Antoniushaus in Hochheim über die Zeit seit 2011, als er diese Funktion übernahm, hört man selten ein „Ich“, dafür umso häufiger ein „Wir“. „Ohne die intensive Zusammenarbeit zwischen Kollegium und Schulleitung, aber auch mit den Internaten, den Fachdiensten, dem Psychologischen Dienst und allen anderen Bereichen im Antoniushaus wäre die Weiterentwicklung der Schule in dieser Form nicht möglich gewesen“, so Matthias Stumph, der vor elf Jahren von der Martin-Behaim Schule in Darmstadt kommend die Leitung der beruflichen Schulen im Antoniushaus übernommen hatte und nun in den Ruhestand tritt. „Ich bin ein Teamplayer“, sagt er dann doch einmal „Ich“, „weil ich überzeugt bin, dass man auch Schulentwicklung nur in gut funktionierenden Teams vorantreiben kann.“
Und da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Als Schule in privater Trägerschaft ist es gelungen, die Schülerzahl auf rund 170 zu stabilisieren und damit eine solide Basis auch für die Zukunft zu schaffen. „Was aber mindesten genauso wichtig ist“, betont Matthias Stumpf: „Es ist uns gelungen, unsere Schule für junge Menschen mit Autismusspektrumsstörungen zu öffnen und auch junge Menschen mit anderen Förderbedarfen bei uns zu integrieren.“ Bereits sein Vorgänger hatte die Förderberufsschule inklusiv ausgerichtet. „Bei uns lernen junge Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam – das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben und sind die einzige berufliche Schule in privater Trägerschaft in Hessen, die diese Besonderheit anbietet“, sagt der scheidende Schulleiter. „Um der Erweiterung der Förderangebote gerecht zu werden, haben sich alle 35 Lehrerinnen und Lehrer, 15 Sozialpädagoginnen und -pädagogen und Pflegefachkräfte weiterqualifiziert, damit jeder Förderbedarf angemessen berücksichtigt werden kann.“
Hinzu komme die schulische Bandbreite der relativ kleinen beruflichen Schule für körperliche und motorische Entwicklung: „Wir haben ein breites Bildungsspektrum und bieten mehrere Abschlüsse an – bis zur Fachhochschulreife, die rund 90 Prozent unserer Fachoberschüler:innen erfolgreich ablegen.“ Besonders stolz sei er, dass es der Schule gelungen sei, als einzige berufliche Schule in privater Trägerschaft an dem Modellprojekt BÜA teilzunehmen. Ziel der „Berufsfachschule Übergang in Ausbildung“ ist die Vermittlung von Kompetenzen und Fertigkeiten, die zu einer Erwerbsfähigkeit, Berufsfähigkeit und einer Ausbildung führen. Nach wie vor werden die Schüler:innen auf den Hauptschulabschluss und den Mittleren Bildungsabschluss gezielt vorbereitet. „Wir wollten unbedingt von Anfang an dabei sein und waren da auch sehr hartnäckig“, schmunzelt der 65jährige. „Es war uns deshalb so wichtig, weil diese Schulform sich landesweit durchsetzen wird. Wir können unsere Expertise einbringen und die jungen Menschen unterstützen, im Leben voranzukommen und ihnen Perspektiven für ihr Leben nach der Schule aufzeigen.“
Ein wichtiger Aspekt sei hierbei die Vorbereitung auf die digitale Arbeitswelt. „In den vergangenen Jahren haben wir uns auf diesem Gebiet ganz breit aufgestellt: Alle Klassenräume haben Whiteboards, also digitale Tafeln, es gibt Klassen, die komplett mit i-Pads arbeiten und in allen Fächern digital unterwegs sind. Schüler:innen, die keinen eigenen Laptop besitzen, können ihn sich an der Schule ausleihen. Wir haben eine digitale Lernplattform für die Kommunikation von Lehrer:innen und Schüler:innen, mit individuellen Zugängen, und vieles mehr“. Er sei dem Träger, der Antoniushaus gGmbH, dankbar für die Unterstützung sowohl bei der personellen, als auch der digitalen Ausstattung. Die Digitalisierung sei noch aus einem anderen Grund besonders wichtig an der Edith-Stein-Schule: „Sie unterstützt, motorische Defizite der Schüler:innen auszugleichen.“ Dies sei bei der Robotik AG besonders gut zu beobachten. Den Dank gab Dr. Caspar Söling, Sprecher der Geschäftsführung des Antoniushauses, im Rahmen einer kleinen Abschiedsfeier zum Schuljahresende zurück: „Mit seinen zahlreichen, beharrlichen Initiativen hat Matthias Stumpf die Edith-Stein-Schule weit nach vorne gebracht: er denkt Schule nicht vom Schulabschluss her, sondern von den beruflichen Perspektiven für jeden individuellen Schüler. Dies ist besonders mit der Einführung von Berufswegecoachings gelungen, wie die weiteren Wege der diesjährigen Schulabsolvent:innen zeigen.“
Neben dem Erlangen eines Schulabschlusses ist Ziel der Schule, die Schülerinnen und Schüler beim Übergang Schule-Beruf zu begleiten und ihnen die für sie jeweils passenden Anschlussmöglichkeiten zu bieten „Sei es in einer dualen Ausbildung oder auf dem ersten Arbeitsmarkt, sei es in einem geschützten Bereich, in einer Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung.“ Von den Eltern werde sehr geschätzt, dass sich zwei Kolleg:innen speziell mit diesem Thema beschäftigen.
„Wir werden auch in Zukunft immer wieder den Blick schärfen müssen, wie wir jede/n Schüler:in noch besser nach seinen/ihren individuellen Bedarfen unterrichten können“, ist Matthias Stumpf überzeugt. Dies verlange schon die Diversifizierung der Behinderungsbilder. „Schule war schon immer eine lernende Organisation.“
Diesen Weg wird die Edith-Stein-Schule künftig ohne den bisherigen Schulleiter gehen. Denn Matthias Stumpf hat jetzt andere, neue Pläne: „Ich gehe jetzt eine Zeit lang nach Australien. Drei von meinen acht Enkeln wohnen in Australien, die werde ich besuchen.“
Bild: Der scheidende Schulleiter Matthias Stumpf
Bildnachweis: Antoniushaus gGmbH