Stadt Hochheim will ihr Geld zurück
Es hängt ihm wie ein Mühlstein um den Hals. Die Rede ist von Hochheims Bürgermeister Dirk Westedt. Seine Zeit als Erster Stadtrat und Stadtkämmerer in Kelkheim endete wenig ruhmreich. Seinen letzten Haushaltsentwurf vor seinem Wechsel nach Hochheim als Bürgermeister im Oktober 2014 zog der nach ihm als Stadtkämmerer agierende Kelkheimer Bürgermeister Thomas Horn zurück, da Westedt sich schlicht verrechnet hatte und das nicht nur um Kleingeld. Zu früheren Haushaltsentwürfen musste er einräumen, dass Kelkheim am Markt keine neuen Kassenkredite mehr erhalte. Das ist vergleichbar der Verweigerung der Hausbank, für eine Privatperson die Kontoüberziehung weiter zu dulden.
Nun droht Westedt ein ähnliches Schicksal in Hochheim, da die Gewerbesteuereinnahmen derzeit deutlich unter dem Ansatz im Haushaltsplan liegen. Sofern sich der Trend fortschreibt, müsste Westedt in den nach den Sommerferien beginnenden Bürgermeisterwahlkampf eintreten mit dem Eingeständnis, dass die finanzielle Zukunft in Hochheim wieder grau und düster sein könnte, er kein finanzielles Polster schuf und zukünftig wieder Kredite aufzunehmen sein werden. Die vermeintliche Sanierung der Hochheimer Finanzen nur eine Episode aus der Zeit der guten Konjunktur.
In der Hochheimer Stadtverwaltung reifte ein Gedanke, den auch Westedts Kollegen im Magistrat gutheißen. Hochheims Bürgerinnen und Bürger sollen ihre Schulden bei der Stadt begleichen.
Die Schulden der Stadt Hochheim betragen derzeit noch ungefähr 36 Millionen Euro. Umgelegt auf jeden Einwohner, vom Säugling bis zum Greis, entfällt auf jeden ein Schuldenanteil von fast 2.006 Euro.
Die Überlegungen sind ebenso einleuchtend wie einsichtig. Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich Straßen ohne Schlaglöcher, städtische Gebäude in gut erhaltenem Zustand, sie wollen zweimal im Jahr groß feiern und ihre Kinder in die bestmögliche Betreuung geben. Das Vereinsleben, Sporthallen und Sportplätze, nicht zuletzt die Frisch- und Abwasserversorgung und der Busverkehr, alles finanziert zum Wohle der Städter.
Würde die Stadt Hochheim warten, bis das Geld dafür aus Steuereinnahmen angespart ist, wäre wünschenswertes nicht oder nur mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen zu erfüllen. Also tritt die Stadt durch die Aufnahme von Krediten für alle Hochheimerinnen und Hochheimer in Vorlage, damit es sich in Hochheim gut leben lässt.
So habe letztlich jeder hier lebende Bürger mit der Stadt einen Darlehensvertrag geschlossen. Das gelte auch für die später zugezogenen, denn sie seien in der Gemeinde, aus der sie kommen, von den dort bestehenden Schulden durch Wegzug befreit. Darlehen sind zurückzuzahlen. Dabei kommt die Stadt ihren Einwohnern entgegen und verzichtet auf die Berechnung von Zinsen, schließlich zahlt sie selbst kaum Zinsen auf die aufgenommenen Darlehen.
Jetzt, da die Steuereinnahmen zurückgehen, sollen die Bürger der Stadt ihr Geld zurückgeben und so die erwarteten Lücken stopfen. Der Magistrat wird alle Bürger anschreiben und ihnen das Ende ihres Darlehensvertrages mit der Stadt mitteilen. Den Stichtag zur Rückzahlung benennt das Schreiben. Familien mit mehr als zwei minderjährigen Familienmitgliedern, Alleinerziehenden und Geringverdienern bietet das Schreiben an, eine Ratenzahlung vereinbaren zu können.
Seine Schulden begleichen muss derjenige, den das Melderecht als Einwohner führt. Die Verwaltung rät daher zu überprüfen, wer hier noch mit seinem Wohnsitz registriert ist, jedoch längst an einem anderen Ort tatsächlich wohnt. Hiervon könnten insbesondere studierende Kinder betroffen sein, die dann abzumelden sind.
Ein vierköpfiger Haushalt wird verpflichtet sein, einen Betrag von gut 8.000 Euro aufzubringen, um sich seiner Schuld zu entledigen. Für minderjährige Kinder ohne eigenes Einkommen stehen die Eltern für die Schulden ein.
Die Finanzierung des kommunalen Wohlstandes ist darauf ausgelegt, dass mit der erneuten Kreditaufnahme durch die Stadt, beschlossen durch die Stadtverordnetenversammlung, Hochheimerinnen und Hochheimer wieder Kreditnehmer bei der Stadt werden. Daher drohen auch zukünftig immer wieder Zahlungspflichten an die Stadt.
Der Magistrat mit Westedt an der Spitze geht davon aus, dass bis zum Ende des kommenden Jahres durch Darlehensrückzahlungen ca. 30 Millionen Euro in die städtischen Kassen fließen. Steuerausfälle hätten ihren Schrecken für lange Zeit ebenso verloren wie ein Bürgermeisterwahlkampf mit leerem Geldbeutel.
Bild: Das Hochheimer Rathaus, in welchem der Gedanke reifte, die Bürger zur Rückzahlung ihrer Schulden aufzufordern
Bildnachweis: Stadt Hochheim
Tolle Idee zum 1. April. Wieviel sind denn schon hereingefallen. Toll gemacht. Mal etwas zum schmunzeln.
April, April. Sehr schön geschrieben! 😉
Aprilapril
Bevor ich irgend einen Euro zahlen würde wollte ich jeden cent sehen wieviel für was aus gegeben wird. Oft werden unnütz Dinge gekauft die keinen allgemeinen Sinn ergeben. Erst wenn ich die Möglichkeit hätte alle Ausgaben eigenhändig ab zuhaken würde ich darüber nach denken. Privat überlege ich auch meine Ausgaben und überlege ob ich das wirklich brauche. Nur so bin ich und mein Mann schuldenfrei auch als unsere Kinder noch zuhause waren.