Sektempfang des Handwerker- und Gewerbevereins Hochheim
Am vergangenen Mittwoch lud der Vorstand des Handwerker- und Gewerbevereins 1899 Hochheim zum traditionellen Neujahrs-Sektempfang in die Vinothek des Weinguts Weinegg. Die Lokation ist eine gute Wahl, daher dient sie dem Verein seit Jahren als Veranstaltungsort. Die gemütliche Atmosphäre im schönen Gewölbe, mit ein paar Stehtischen ausgestattet, eröffnete sofort die Gelegenheit zu ungezwungenen Gesprächen. Die Gastgeber trugen mit Ihrer Freundlichkeit und unaufdringlichen Art stark zu der behaglichen und lockeren Stimmung bei. Interessenten erfahren mehr unter: weingut-weinegg.de
Werner Mäding, Vorsitzender Handwerker und Gewerbevereins (HGV) begrüßte launig. Sein Wohlwollen in eigener Sache galt vor allem dem wohlgemeinten Husarenritt des Vorstandes, der Ausrichtung des Hochheimer Weihnachstmarktes. Mäding erklärte, dass der Weihnachtsmarkt, neben pro’s und contra’s in einigen Details, insgesamt ein sehr positives Feedback erhalten habe. Nachdem die Stadt die avisierte Zuzahlung von 6.000 Euro leisten wird, schließt das Experiment Weihnachtsmarkt mit einem Überschuss ab. Mäding nannte keine genauen Zahlen, aber bezeichnete die Durchführung als Erfolg. Er sagte zu, dass der Überschuss in eine Rücklage für die Ausrichtung des Weihnachtsmarktes 2017 eingestellt werden soll, was gleichbedeutend ist, dass der Vorsitzende sich zur Verantwortung auch für den kommenden Weihnachtsmarkt bekannte. Er endete seine Begrüßung mit dem eindringlichen Aufruf um ehrenamtliche Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung des nächsten Weihnachtsmarktes. Interessenten können sich gerne an die folgende eMail wenden: buero@hgv-hochheim.de
Frau Claudia Weltin, Stadtverordnetenvorsteherin, gab ein deutliches Bekenntnis zu den Hochheimer Handwerkern und dem Einzelhandel ab. „Ich versuche immer alles in Hochheim einzukaufen und gehe erst, wenn es nicht anders geht, woanders hin“, so lautete ihre Botschaft an die anwesenden Hochheimer Unternehmer.
Und sie erinnerte daran, immer wach zu bleiben und auch was für die jungen Hochheimer zu tun. Eine Umfrage des Sozialausschuss bei Jugendlichen ergab, dass sich Hochheimer Jugendliche hier sehr wohl fühlen, aber sich ein Einkaufszentrum und eine Diskothek wünschen würden. Das sei wohl nicht machbar.
Bürgermeister Dirk Westedt führte die Rednerliste fort und dankte dem Handwerker- und Gewerbeverein für die Übernahme des Weihnachtsmarktes. Er erinnerte daran, wie schwierig es war, die Aufgabe außerhalb der Verwaltung zu vergeben und wie viele potentielle Organisatoren abwinkten, bis endlich der Vorstand des HGV sich dazu bereit erklärte. Aus Dankbarkeit und aus Gründen der guten Zusammenarbeit wäre es sein Wunsch, dass der HGV auch zukünftig mit der Ausrichtung des Weihnachtsmarktes betraut werden könnte.
Danach erklärte er die Stadtfinanzen für ausgeglichen und erwähnte das Glück, dass die Zentrale eines deutschlandweit agierenden Hotel- und Beherbergungsunternehmen für Hochheim gewonnen werden konnte. Dieser eine große Gewerbesteuerzahler und die seiner Ansicht nach ‚maßvolle’ Erhöhung der Gewerbsteuer trage zur erfreulichen Entwicklung der städtischen Finanzen bei. Zum Beleg einer Stadtentwicklung nennt er den geplanten Ausbau der Internetleitungen und die Planungen für das Baugebiet Schänzchen III. Hier werden gerade Gespräche für das dort geplante Einkaufszentrum mit HIT, Tegut, Edeka und Rewe geführt. Herr Westedt endete seine Rede mit der guten Bewältigung der Flüchtlingsaufnahme in Hochheim und dankte vor allem den vielen ehrenamtlichen Helfern und der guten Koordination durch Klaus-Dieter Jung, Rita Kranz und der anwesenden Frau Jungmann.
Frau Carolin Jungmann, Flüchtlingskoordinatorin im Hochheimer Rathaus, präsentierte die Fakten.
„Wir haben derzeit 140 Flüchtlinge in Hochheim aus vielen Erdteilen. Der Großteil davon wohnt im ehemaligen Tetra-Pak Gebäude. Die Belegung der Halle in Massenheim zu beenden zu können, sei ein guter Schritt für die Flüchtlinge, da die Halle natürlich nicht sonderlich gut geeignet war für die Anzahl Menschen. Insgesamt ist es durch die tolle Unterstützung der Ehrenamtlichen zu wenigen Spannungen zwischen den Flüchtlingen gekommen und alles wurde glimpflich gemeistert. Alle in Hochheim untergebrachten Flüchtlinge haben Ihre Anträge auf Asyl oder Duldung gestellt. Die Deutschkenntnisse aller Flüchtlinge werden immer besser. Die Deutschkurse als Angebot des Main-Taunus-Kreises werden sehr gut angenommen. Die Flüchtlinge möchten sich eine neue Existenz aufbauen und gerne für Ihren Lebensunterhalt arbeiten. Einige haben schon eigene Wohnungen in Hochheim und geringe Teile arbeiten bereits in Hochheimer Betrieben mit.“
Frau Jungmann erklärte, dass alle Kompetenzen und Qualifikationen der Flüchtlinge erfasst sind. Die beruflichen Qualifikationen reichen von kriegsbedingter ‚Nullqualifikation’, demnach ohne jegliche Ausbildung, bis hin zum abgeschlossenen Hochschulstudium und Berufserfahrung als Ingenieur. Frau Jungmann hielt ein überlegtes und wohldosiertes Plädoyer für unsere Hochheimer Flüchtlinge und appellierte an die Hochheimer Handwerker und Gewerbetreibenden Praktika anzubieten. Bei Interesse können sich potentielle Anbieter von Praktikumsplätzen bei Frau Jungmann bei der Stadt unter 06146-900-157 oder unter carolin.jungmann@hochheim.de melden.
Herr Mäding forderte daraufhin alle Anwesenden auf, sich nicht an Stammtischparolen gegen Flüchtlinge zu beteiligen, sondern klar zu formulieren was Flucht bedeutet und warum die Menschen gekommen sind. Dann kommt er zum Höhepunkt des Abends, der Verleihung der Preise für die von Hochheimer Kindern geschmückten Weihnachtsbäume: Der 3. Preis, mit 100 € dotiert, ging an die Kinderbetreuung der Weinbergschule, ehemals firmierend unter ‚Die kleine Reblaus’.
Der 2. Preis im Wert von 150 € ging an die Kita St. Josef
Der 1. Preis mit 200 € ging an die Kita ‚Apfelbaum’.
Zusätzlich überreichte Werner Mäding der Feuerwehrjugend einen Scheck über 200 € als Dank für deren starke Unterstützung beim Weihnachtsmarkt. Danach wurde das Buffet eröffnet und die Veranstaltung ging in gut gelaunte zwanglose Gespräche an den Stehtischen über.
Der ausgeschenkte Sekt und die offenen Weine waren exzellent. Auch die Häppchen, die vom Restaurant im Weinegg vorbereitet wurden, waren sehr lecker. Kurzum, Lokation, Sekt, Wein und Häppchen sehr empfehlenswert. Die Stimmung war angenehm und die geladenen Gäste trugen dazu bei. Auch die Auszeichnung der schönsten Weihnachtsbäume motiviert für kommende Jahre.
Aber als Hochheimer und als Mitglied des HGV schlagen zwei Herzen in meiner Brust, einerseits freut es mich, dass sich ein Verein bereiterklärte, den Weihnachtsmarkt auszurichten, er gefiel mir in der schlichten Version auch gut, aber andererseits werden die Mitglieder vom eigenen Vorstand schon wieder vor vollendete Tatsachen gestellt, ohne die Zahlen und Daten zum Verlauf des Weihnachtsmarktes 2016 im Detail zu kennen.
Dass der Bürgermeister die weitere Erhöhung der Gewerbesteuer als Erfolg darstellt und der Vorstand des Vereins der gewerbesteuerzahlenden Handwerker und Gewerbetreibenden dies unkommentiert lässt, ist irritierend.
Auch die Aussage des Bürgermeisters zum deutlich erkennbaren Leerstand von Geschäftsräumen in der Kernstadt blieb vollkommen unkommentiert. Er sagte: „Es wird sich alles in der Innenstadt konzentrieren und wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass in der Massenheimer und Delkenheimer Straße keine Geschäfte mehr wie früher sind.“
Unsere liebenswerte Heimatstadt ist eine ungeheuer internetaffine Stadt. Wir haben ca. 14.000 ‚aktive’ Internetnutzer, vielleicht mehr. Fakt ist, dass 9.655 Hochheimer in 17 Gruppen in den sozialen Medien organisiert sind. Damit ist Hochheim im Verhältnis zur Einwohnerzahl nachweislich die Internethochburg unter den Nachbargemeinden. Das gesamte Online-Einkaufsbudget der Hochheimer liegt, wenn man nur den gesamtdeutschen Durchschnittswert zugrunde legt und die höhere Kaufkraft im Rhein-Main-Gebiet außer Acht lässt, bei weit mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr. Die Tendenz ist steigend. Ich denke, es lohnt sich, sich mit den damit einhergehenden Zukunftsperspektiven und den gleichfalls einhergehenden unternehmerischen Risiken zu befassen, um Marktanteile zu gewinnen oder zu behalten.
Mit verkaufsoffenen Sonntagen allein sind die aktuellen Herausforderungen sicherlich nicht zu bewältigen.
Mit der Ausrichtung eines Weihnachtsmarktes wird der Umsatz der Hochheimer Handwerker und Gewerbetreibenden wohl auch nicht gesteigert. Insbesondere wenn der Großteil der gutgemeinten Arbeit von ehrenamtlichen geschultert wird. Die Gegenleistung der Stadt für den hohen Aufwand müsste meiner Ansicht mindestens ein Forum für die Hochheimer Handwerker und Gewerbetreibenden sein, vielleicht in Form der Nutzung eines gemeinsamen Internetforums.
Ich weiß, dass es Hochheim besser als seinen Nachbargemeinden geht, die ihre Ortszentren längst einbüßten. Das Beschwören der Kunden, nur mit dem stationären Hochheimer Einzelhandel Umsätze zu tätigen, verdrängt die existenzbedrohende Kraft des Internethandels, ist schlicht realitätsfern.
Der Verlust jedes einzelnen Geschäftes schmerzt mich. Ebenso schmerzt mich, dass der deutlich überdurchschnittliche Zeitaufwand eines Einzelhändlers moderner Prägung nicht mehr mit einem angemessenen Einkommen korreliert.
Ohne zusätzliche Einkaufserlebnisse, Events, Ausflugziele und Parkplätze wird’s nicht besser. Erfolgreiche Konzepte und Ideen anderer Städte sollten in einer Umsetzung in Hochheim sorgfältig geprüft werden.
Auf die Stadt alleine sollten wir uns nicht verlassen. Städtische Angestellte und Beamte sind keine Unternehmer und sollten keine Unternehmer sein müssen. Wenn die Stadt sich weiter darauf fokussiert, mehr und bessere Anreize für Unternehmer, Handwerker und Gewerbetreibende zu schaffen, ist schon viel erreicht. Dazu gehört nicht die weitere Erhöhung der Gewerbesteuer.
Ich hoffe auf Unternehmergeist. Im Schulterschluss mit einer dafür aufgeschlossenen Stadt und deren freundliche und weltoffene Bürger sollte doch noch einiges mehr für den lokalen Einzelhandel zu erreichen sein.
Kommentare, Anregungen und Ideen sind sehr erwünscht: aha@weinstadtjournal.de