Die Qual (nach) der Wahl

Königs Kolumne
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Das hatte sich der Amtsinhaber sicherlich so nicht vorgestellt. Ein Kandidat, gekürt kurz vor dem Ende der Bewerbungsfrist, noch dazu von der SPD, einer Partei, die in Hochheim über eine Zustimmungsquote von ungefähr 20 Prozent verfügt. Und dann ein eigenes Wahlergebnis, dass bestenfalls als Rettung vor dem politischen Untergang zu werten ist.

Jan Herfort, zunächst nur wahrgenommen als der Kandidat, der die übrigen Parteien in Hochheim vom Vorwurf der Demokratieverweigerung befreite, erscheint nach dem Wahlergebnis rückblickend nicht nur als ernstzunehmender Gegner, sondern war bereit dazu, für eine faustdicke kommunalpolitische Überraschung zu sorgen.

Welche Ohrfeige für die Granden der ortsansässigen CDU. Allen Funktionären in Parteivorstand und Fraktion klingeln jetzt noch die Ohren, wenn sie in der Nachschau sehen, wie einfach es gewesen wäre, mit einem eigenen, befähigten Kandidaten, frühzeitig proklamiert, den Amtsinhaber aus dem Amt wählen zu lassen. Wie peinlich für die alternden Gewährsträger einer gestrigen Politik in der Hochheimer CDU, die in vorauseilendem Gehorsam sich wiederholt nicht zu schade waren, ihr Geld wieder einmal für einen anderen Bürgermeisterkandidaten auszugeben, um Hosianna zu rufen.

Jan Herfort ist selbstkritisch genug, um einzuschätzen, dass es ihm in der Kürze der Wahlkampfzeit an Durchschlagskraft fehlte, um final zu einer politischen Existenzbedrohung für Westedt zu werden. Letztlich war es seine Entscheidung, erst so spät in den Wahlkampf einzutreten, woraus abzuleiten ist, dass er sich nicht als der erste Herausforderer des Amtsinhabers sah.

Westedt unterliefen in seiner Amtszeit handwerkliche Fehler, viele davon nicht sichtbar für den Teil der kommunalpolitisch unbedarften Wählerschaft, aber umso offenkundiger für die Betroffenen und die kommunalpolitisch Interessierten.

Da ist das Festhalten am Hochheimer Herbstmarkt, auch noch als Inzidenzzahlen in die Höhe schnellten. Erst als die Fraktionsvorsitzenden zum offenen Brief mit gesetztem Ultimatum für die Absage als letztem Mittel griffen, um den Bürgermeister in seinem eigenwilligen Vorhaben zu stoppen, lenkte dieser mit der Absage ein, nicht ohne sich zu beschweren, er sei ein Opfer der politischen Nötigung.

Der Vorsitzende des Schulelternbeirates der Astrid-Lindgren-Schule weiß gleichfalls ein Lied davon zu singen, dass Westedt sich nur in nachgeordnetem Umfang bereit zeigte, die Bemühungen um eine Erweiterung des Schulgeländes zu unterstützen. Die Eltern der Grundschüler haben sicherlich in der Folge eine eigene Meinung dazu entwickelt, ob eine zweite Amtszeit des Bürgermeisters Westedt in ihrem Sinne sein würde.

Wenig zu überzeugen vermochte das Corona-Management, soweit es die Öffnungszeiten der Kindergärten betraf. Wiederholt diskutierte und rechtfertigte sich Westedt heftig dafür, dass er die Betreuungszeiten einschränkte, ohne die Gremien der Eltern in den Kindertagesstätten an dem Beschluss angemessen zu beteiligen.

Dass Westedt den Zuzug in Hochheim durch die Bebauung ehemaliger Parkplätze und der Diskussion um immer neue Baugebiete und Bauvorhaben forcierte, brachte ihm den Vorwurf ein, er sei an der Steigerung der Einwohnerzahlen nur deshalb interessiert, um die nächsthöhere Besoldungsstufe zu erreichen. Westedt selbst verhielt sich unklug, in dem er immer wieder in öffentlichen Debatten damit kokettierte.

Nicht zuletzt musste sich die Stadtverordnetenvorsteherin öffentlich abgrenzen von einer verbalen Übergriffigkeit des Bürgermeisters im Umgang mit der durch sie repräsentierten Stadtverordneten. Dem vorausgegangen waren Monate schwelender Konflikte über dessen Informationspolitik.

Den Denkzettel, den viele jetzt im Wahlergebnis zu erkennen glauben, muss es nicht wirklich geben. Westedt wird nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit das 60. Lebensjahr überschritten haben. Ob es für ihn überhaupt von Interesse ist, eine dritte Amtszeit anzustreben, kann offen bleiben. Sieht er jedoch seine Mission nach weiteren sechs Jahren, orientiert an seinen persönlichen Maßstäben als erfüllt an, ist näherliegend, dass er noch deutlich an Selbstbewusstsein zulegen wird, als sich zugänglich im Miteinander zu erweisen.

Die SPD um Jan Herfort muss daher anstreben, Einfluss auf das Handeln des Bürgermeisters zu nehmen. Das gelingt dann, wenn Herfort zukünftig bedeutender Teil des Vieraugenprinzips in der Verwaltung ist. Kurz formuliert: Wenn die SPD für Jan Herfort in der kommenden Legislaturperiode nicht das Amt des Ersten Stadtrats anstrebt, bleibt sein gutes Wahlergebnis eine Notiz in den kommunalpolitischen Geschichtsbüchern.

 

 

 

 

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