Pilotprojekt am Rheingaubogen – Kinderbetreuung ab 2021 durch gemeinnützige Gesellschaft als private Initiative
Es ist ein imposantes Bauwerk, welches im Rohbau in die Höhe ragt. Erdgeschoss, erster Stock und ein zurückgesetztes zweites Stockwerk lassen nicht unmittelbar erahnen, dass hier im kommenden Frühjahr Kinder betreut werden. Im noch spärlich besiedelten neuen Gewerbegebiet am Rheingaubogen wird die Kinderbetreuung vor den Unternehmen dasein.
Das zweite Obergeschoss ist als Staffelgeschoss ausgebildet. Ein Staffelgeschoss ist eine gegenüber den Außenwänden eines Hauses zurückstehende Etage. Dabei weist dieses eine geringere Grundfläche als die darunter liegenden Geschosse auf. Gebäude mit einem Staffelgeschoss haben zumeist ein Flachdach. Vor allem in der modernen Architektur sind Staffelgeschosse sehr beliebt, da der Rücksprung oftmals als umlaufende Terrasse/Balkon genutzt werden kann.
Vor dem Gebäude stehend, führt links die Zufahrt in die Tiefgarage zu den Stellplätzen.
Über dem Gebäude schwebt der Ausleger des Baukrans, an ihm baumelt der Richtkranz fast schon gelangweilt im Wind. Es ist ein sonniger Mittag, an dem sich Bauherr, Planer und die Spitzen der örtlichen Kommunalpoltik versammeln, um den Richtspruch zu hören. Stadtverordnetenvorsteherin Claudia Weltin, Bürgermeister Dirk Westedt und Erster Stadtrat Hans Mohr verteilen sich auf dem angrenzenden weitläufigen Areal, gerade so, dass die durch das Mikrofon gesprochenen Worte sie noch erreichen können.
Bauherr ist die alteingessene Wiesbadener Bauunternehmung Brömer & Sohn GmbH. Sie erstellt das Gebäude und wird nach Fertigstellung auch als Vermieter auftreten. Geschäftsführer Jörg Brömer begrüßt die anwesenden Gäste und beschreibt kompakt das Bauvorhaben, den Bautenstand und freut sich zu letzterem, dass seine Mitarbeiter sich im Zeitplan befinden, da alle Gewerke bisher fristgerecht fertiggestellt wurden. Auch bei den jetzt anstehenden seien keine Verzögerungen auszumachen, da die Materialien lieferbar sind.
Bürgermeister Westedt spricht wenige Worte, in welchen er für sich in Anspruch nimmt, die Qualität des Rohbaus zu bestimmen und würdigt daher die Baumaßnahme als solide ausgeführt.
Nun ist die Einweihung eines Kindergartens in Hochheim für sich genommen keine Besonderheit. Hier jedoch verhält es sich ein wenig anders. Der Kindergarten wird durch eine eigens dafür gegründete Gesellschaft betrieben, ist daher in Hochheim erstmals ein privatrechtliches Betreibermodell. Was in umliegenden Städten und Gemeinden als anerkannte Form der Kinderbetreuung etabliert ist, Elterninitiativen, in vielfältigen rechtlichen Rahmen gekleidet, konnte sich in Hochheim bisher hartnäckiger Zurückhaltung und Skepsis der Kommunalpolitiker erfreuen. Diese scheint nun überwunden.
Ekkehard Enders, Seniorpartner der ENDERSWEISSBANGERT Partnerschaftsgesellschaft, einem Zusammenschluss von Architekten, spricht aus verschiedentlichen Blickwinkeln. Zum einen arbeiten er und seine Kollegen Johannes Weiss und Bernhard Bangert langjährig wiederholt mit Brömer & Sohn zusammen. So auch hier, denn die Planung des Kindergartens und der Obergeschosse oblag den Architekten der Gesellschaft. Selbstverständlich danken sich Planer und Bauausführender wechselseitig zu der bisher erfolgreichen Zusammenarbeit, die an diesem Tage zum Richtfest zusammenführt.
Aber Enders ist nicht nur Architekt, sondern auch Vater der familieninternen Ideengeberin, Hannah Bangert, welche seine Tochter ist. Sie verfügt über die fachlichen Grundlagen und ist in verantwortlicher Funktion der MOMO Zeit für Kinder gGmbH, eine gemeinnützige Gesellschaft, welche den Kindergarten betreiben wird. „Zukunft1“ ist daher der Arbeitstitel für das Projekt der Architekten, gleichsam in doppelter Hinsicht.
In der Symbiose soll daher nicht nur ein für den Kinderalltag perfektes Gebäude mit Außenbereich entstehen, sondern die Ausgestaltung der Räume auch dem pädagogischen Konzept folgen, was wiederum einen passenden Zuschnitt der Räumlichkeiten voraussetzt. Der Grundriss ist auf die notwendigen statischen Teile reduziert, Stützen und Wände, kann daher weitgehend frei in der späteren konkreten Nutzung eingerichtet werden.
Für die Energieversorgung als auch die Rescourcenschonung folgt der Bau dem Zeitgeist. Wärmepumpe und Brauchwasserverwendung heißen die Schlüsselbegriffe.
So ist es dem Unternehmer Enders naheliegend, dass in dem neuen Kindergarten zukünftig ortsansässige Unternehmen die Gelegenheit erhalten werden, Kindergartenplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres Unternehmens gegen Entgelt zu reservieren, um als Arbeitgeber attraktiv für die Verbindung von Arbeit und Kinderbetreuung zu werden, im Werben um Arbeitskräfte allen Geschlechts.
Mit dem Einzug, geplant für das Frühjahr 2021, wird auch die Lebenshilfe Mieter werden. Die derzeit noch in den Räumen am Königsberger Ring angesiedelte Institution belegt das erste Obergeschoss und Teile des Dachgeschosses, vornehmlich für die Ausbildung des Nachwuchses in der Kinderbetreuung, was sicherlich gleichfalls als zukunftstauglich angesehen werden kann.
Kennzahlen des Bauvorhabens in Stichworten
Grundstücksgrösse ca. 1.350 qm Grundfläche Gebäude ca. 600qm
Investition ca. 3.9 Mio EUR Investition mit Grundstück ca. 4.6 Mio EUR
Baubeginn September 2019, Baufertigstellung geplant zum Jahreswechsel 2020/2021, dann folgt der Mieterausbau.
Kita mit 3 Gruppen, geplant 52 Kinder, eine U3-Gruppe, 2 altersgemischte Gruppen Aussenspielbereich zur landwirtschaftlichen Fläche
Räume der Lebenshilfe:
5 Seminar- und Unterrichtsbereiche
Große Mittelzone mit temporären Arbeitsplätzen,
Besprechungs- und Pausenbereiche, größerer Bürobereich, größerer und kleinerer Besprechungsraum
Baubeschreibung für Bauvorhaben in Stichworten
- Konstruktion und Technik
Das zweigeschossige Gebäude mit Staffelgeschoß und Untergeschoss ist massiv errichtet. Die tragende Stahlbetonkonstruktion wird im Erschließungskern und den Außenwänden mit Kalksandsteinmauerwerk ergänzt. Das Gebäude wird verputzt und hat ein mineralisches Wärmedämmverbundsystem.
Die Innenwände werden in Trockenbau hergestellt, das Dach des Staffelgeschosses hat eine extensive Dachbegrünung.
Die Aufzugsanlage im Erschließungskern mit Fluchttreppenhaus verbindet alle Gebäudeebenen, der Nutzungsbereich der Lebenshilfe im 1.OG erhält auf der Westseite einen Fluchtbalkon über die gesamte Gebäudelänge als 2.Rettungsweg.
Das Oberflächenwasser wird Versickerungsrigolen zugeführt, die Beheizung und Kühlung erfolgt über Wärmepumpen.
- Nutzungen
Das EG nimmt in der gesamten Fläche einschließlich der Außenanlagen die KiTa auf, im 1.OG und in der Hälfte des Staffelgeschosses befindet sich die Lebenshilfe Hessen.
Im restlichen Staffelgeschoß entstehen auf der restlichen Fläche eine kleinere und eine größere Wohneinheit.
Das UG beinhaltet den Technikbereich, Mieterkeller sowie Fahrräder- und PKW Stellplätze
Bild: Das Bauvorhaben im Modell
Technische Daten und Bildnachweis: ENDERSWEISSBANGERT Architekten Partnerschaftsgesellschaft mbB