SPD hält an der Abschaffung der Straßenbeiträge fest – Stadtverordnetenversammlung soll über die Aufhebung der Straßenbeitragssatzung entscheiden
(spd/mh) – Die Hochheimer SPD-Fraktion hat sich in Ihrer Sitzung am vergangenen Freitag erneut für die Abschaffung der wiederkehrenden Straßenbeiträge ausgesprochen und damit ihre bisherige Position zu dem Thema bestätigt und bekräftigt.
Die Sozialdemokraten hatten sich erstmals seit Ausbruch des Coronavirus wieder zu einer Präsenzsitzung getroffen, um über die Folgen der Coronakrise auf den städtischen Haushalt zu beraten. Die Stadt Hochheim erwartet für das Jahr 2020 hohe Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer, die aus Sicht der Fraktion eine Neubewertung ihrer Forderung notwendig machten.
Der Hochheimer SPD-Vorsitzende, Jan Herfort, lobte die Entscheidungen seiner Fraktion:
„Ich bin stolz auf meine Fraktion und froh, dass wir uns, trotz der schwierigen haushaltspolitischen Situation Hochheims, nicht von unserer Meinung abbringen lassen und Haltung bewahren. Es wäre sehr einfach, die hohen Steuereinbußen als Rechtfertigung für die Erhebung von Straßenbeiträgen anzuführen, aber der einfache Weg ist selten der Richtige. Nicht nur die Stadt Hochheim, sondern vor allem die Bürgerinnen und Bürger leiden unter den wirtschaftlichen Folgen von Corona. Ihnen in diesen schwierigen Zeiten eine zusätzliche Abgabe zuzumuten, die ihre wirtschaftliche Situation in keiner berücksichtigt, wäre unverantwortlich.“
Abschaffung der Straßenbeiträge ist für die SPD eine Frage der Gerechtigkeit
Das System der Straßenbeiträge sei nach Ansicht der SPD-Fraktion ungerecht, da es die hohen finanziellen Lasten der Straßenerneuerungen lediglich auf die Eigentümer im jeweiligen Abrechnungsgebiet umlege. Besonders ungerecht sei vor allem auch die Aufteilung der Abrechnungsgebiete nach der Hochheimer Straßenbeitragssatzung. Während in der Kernstadt Straßenerneuerungen auf die breite Masse der Hochheimer Haus- und Wohnungseigentümer umgelegt werden würden, müssten Eigentümer aus den kleineren Abrechnungsgebieten, wie der Südstadt und Massenheim, mit deutlich höheren Beiträge rechnen. In der Gartenstadt, dem kleinsten Abrechnungsgebiet für Straßenbeiträge, könne man im Falle einer Erhebung kaum noch von wiederkehrenden Beiträgen sprechen, da die Beitragshöhe fast einmaligen Straßenbeiträgen entsprechen würde.
Dabei spiele es laut Herfort keine Rolle, dass vorerst nur Straßen in der Kernstadt grundhaft erneuert werden sollen: „Auch wenn aktuell keine Straßenerneuerungen in der Südstadt und der Gartenstadt geplant sind, verhindert das noch lange nicht eine zukünftige Ungleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger aus verschiedenen Abrechnungsgebieten. Wer so argumentiert, der plant entweder bereits die Abschaffung der Straßenbeiträge, nachdem die Eigentümer in der Kernstadt gezahlt haben oder schiebt die Verantwortung für die höheren Beiträge in den anderen Abrechnungsgebieten auf zukünftige Generationen der Stadtverordnetenversammlung. Es gibt somit immer Abrechnungsgebiete die stärker belastet werden als die anderen“, so Herfort
Auch die Wirtschaft muss ihren Beitrag leisten
Der Straßenbau sei außerdem eine Kernaufgabe der Kommunen, die allen Bürgerinnen und Bürgern und auch den örtlichen Gewerbebetrieben zugutekomme. Deshalb müssten grundhafte Erneuerungen von Straßen auch von der Allgemeinheit über Steuern getragen werden.
Die SPD lehne zwar weiterhin eine pauschale Erhöhung der Grundsteuer als Finanzierungsalternative zu den Straßenbeiträgen ab, zeige sich aber für eine moderate Steuererhöhung gesprächsbereit. Zur Voraussetzung mache die Fraktion jedoch, dass im gleichen Maße auch die Gewerbesteuer steigen soll und auch weitere Einnahmequellen geprüft werden.
Marcus Hesse, Vorsitzender der SPD-Stadtverordnetenfraktion, sagte dazu:
„Sollten die Straßenerneuerungen ohne zusätzliche Einnahmen nicht finanzierbar sein, werden wir uns der Diskussion über Steuererhöhungen nicht verweigern, da durch den notwendigen Ausbau der Betreuungsplätze im KiTa-Bereich, eine Erhöhung der Gemeindesteuern voraussichtlich ohnehin notwendig sein wird. Dabei werden wir jedoch sehr darauf achten, dass die Lasten gerecht verteilt werden und auch die Wirtschaft über die Gewerbesteuern ihren Beitrag leistet“, so Hesse.
Bürgerinnen und Bürger leisten bereits ihren Anteil
Hesse erinnerte auch daran, dass die Grundsteuer bereits im Jahr 1999 zur Verhinderung von Straßenbeiträgen erhöht wurde:
„Die jährlichen Mehreinnahmen der damaligen Grundsteuererhöhung betragen ca. 300.000 Euro und wurden, wie damals von den Stadtverordneten versprochen, für den Straßenbau verwendet. Nach Ansicht der SPD-Fraktion müssten die 300.000 Euro mit dem Anteil verrechnet werden, der aus der Erhebung von Straßenbeiträgen finanziert werden soll. Laut einer neuen Prioritätenliste für grundhafte Erneuerungen von Straßen, sollen in den nächsten 10 Jahren circa 5 Millionen Euro ausgegeben werden. Pro Jahr würden also 500.000 Euro für den Straßenbau benötigt, wovon die Hälfte, also 250.000 Euro durch Straßenbeiträge finanziert werden soll. Die Mehreinnahmen der damaligen Grundsteuererhöhung, beträgt jedoch jährlich circa 300.000 Euro. Damit wäre eine Erhebung von Straßenbeiträgen nicht notwendig, weil die Bürgerinnen und Bürger ihren Anteil bereits mit den Mehreinnahmen bei der Grundsteuer abgeleistet haben.“
Damit sei die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aus Sicht der SPD finanzpolitisch überflüssig geworden. Die SPD hat aus diesem Grund angekündigt den Antrag auf Aufhebung der Straßenbeitragssatzung an die Stadtverordnetenversammlung zu stellen.
Anmerkung der Redaktion:
Die Sach- und Rechtslage ist ungleich komplexer als die SPD sie in ihrer Pressemitteilung darlegt. Bereits die in den nächsten Jahren zu erwartenden Fehlbeträge im Haushalt der Stadt Hochheim könnten einer Aufhebung der Satzung entgegenstehen, selbst wenn die Stadtverordnetenversammlung das beschließt. Die Genehmigung zukünftiger Haushalte durch die Aufsichtsbehörde hinge am seidenen Faden, denn ohne Straßenbeitragssatzung würde der Haushalt wohl nicht genehmigungsfähig sein. Die jetzt von der SPD gewollte Aufhebung der Straßenbeitragssatzung, fände sie denn eine Mehrheit, wäre ein vordergründiger politischer Erfolg, dem etwas Absurdes anhaften würde.
Steuererhöhungen in Krisenzeiten für die Unternehmen beruhigen Volkes Gemüt. Leider vergisst die SPD, dass jetzt durch die Krise erwirtschaftete Verluste gegen später erzielte Gewinne bis zu einer bestimmten Höhe gegengerechnet werden dürfen. Eine von der SPD in Betracht gezogene Gewerbesteuererhöhung liefe schlicht ins Leere. Dagegen würde eine Grundsteuererhöhung Eigentümer und Mieter verbindlich treffen, denn ihr können sich beide nicht entziehen.
So ringt die SPD weiter um eine überzeugende Strategie, um eine zusätzliche Belastung der Hochheimerinnen und Hochheimer zu vermeiden.
Bild: Themenillustration