Übung macht den Meister
Unser Tagesablauf ist geprägt von Selbstverständlichkeiten. Dazu gehört die berufliche Fortbildung, die für das Fortkommen im Beruf unabweisbar geworden ist. Ebenso alltäglich ist der Gang in ein Fitnessstudio, um sich das körperliche Wohlbefinden zu erhalten. Musizierende üben regelmäßig zu Hause und besuchen die Probe, sei es mit Instrument oder für den Gesang.
Warum lebt die überwiegende Anzahl der Verkehrsteilnehmer, ungeachtet des Geschlechts, in der Überzeugung, das Autofahren, das Führen und Beherrschen eines Fahrzeugs müsse nicht regelmäßig trainiert werden?
Der im Volksmund gängige Spruch, dass Übung den Meister mache, darf uneingeschränkt auch für den Umgang mit einem Kraftfahrzeug gelten, um sich im zunehmend dichter werdenden Straßenverkehr eine Routine für das Vermeiden, Erkennen und Bewältigen von Gefahrensituationen auf öffentlichen Straßen anzueignen.
Der Autor hält mit seinem Erfahrungsbericht ein Plädoyer für die immer wiederkehrende Teilnahme an Fahrsicherheitstrainings. Die Anzahl und das Alter der Teilnehmer belegt immer wieder, dass es dafür für Frau und Mann keinen zu späten Zeitpunkt im Leben eines motorisierten Verkehrsteilnehmers gibt.
Fahrsicherheitstrainings bieten verschiedene Ausrichter an. Hier ist der Wunsch und die Zielrichtung des Übenden gefragt. Wer zunächst sein eigenes Fahrzeug besser kennenlernen will, dem seien die Übungseinheiten des ADAC empfohlen. Sie finden in einer der zahlreichen bundesweit verteilten Fahrsicherheitszentren statt. Die Inhalte der Übungseinheiten beginnen mit den Grundlagen der Sitzeinstellung, Lenkradhaltung und Sitzposition. Die Übungen simulieren Gefahrensituationen des fahrerischen Alltags. Die Kurse bauen modular aufeinander auf, die gefahrene Geschwindigkeit innerhalb der Übungen steigt an. Preislich überzeugen die Angebote schon deshalb, weil Fahrzeugbeherrschung geeignet ist, Schäden für Mensch und das Auto zu vermeiden helfen. Bereits das Beseitigen eines Blechschadens ist erheblich teurer.
Sowohl führende Automobilzeitschriften als auch die Autohersteller erkennen zwischenzeitlich zunehmend, dass ein Fahrsicherheitstraining auch ein besonderes Vergnügen bereiten kann. Die Fahrzeuge werden durch den Veranstalter mit Unterstützung eines Automobilherstellers gestellt, was das Üben um den Genuss erweitert, Fahrzeuge fahren zu dürfen, die wohl nie den Weg in die eigene Garage finden werden.
Die Zeitschrift „auto motor und sport“ offeriert ein Wintertraining in den verschneiten Bergen unseres Nachbarlandes Österreich. Die Teilnehmer übernachten in einer vorzüglich ausgestatteten Lokation in Obertauern. Die Fahrzeugflotte stellt der Automobilhersteller Audi und der gibt sich in der Auswahl der Fahrzeuge aus seinem Angebot keinesfalls zurückhaltend. Reichlich Leistung unter der Motorhaube lässt Ausweichmanöver und die Ausbildung in der Fahrzeugbeherrschung zu einem Erlebnis werden, bei dem die Mundwinkel dauerhaft nach oben gerichtet bleiben.
Gemeinsam treffen sich Frauen und Männer, vielfach auch Paare, am Vorabend zu einer ersten Besprechung für die am kommenden Tag anstehenden Übungen. Organisatorische Hinweise sind gleichermaßen Teil eines Kurzvortrages. Die Sponsoren der Veranstaltung, die dafür sorgen, dass die Kosten der Teilnahme sich in Grenzen halten, dürfen kurz für das neuste Produkt werben und werden auf dem Trainingsparcours Teil einer praktischen Übung sein. Partner ist der Reifenhersteller Bridgestone, der eine Neuentwicklung mit Notlaufeigenschaften präsentiert. Der Reifen ist auch dann noch fahrbar, wenn im wahrsten Sinne des Wortes „die Luft raus ist“.
Am frühen Morgen bei leichtem Schneefall ist Aufbruch angesagt. Nachdem am Abend zuvor der Veranstalter verkündete, dass die jeweils zweifache Besetzung der Fahrzeuge sich danach richtet, wer dafür zuerst am Wunschfahrzeug steht, findet sich in frühmorgendlicher Kälte eine Frau ein, die den begehrten Audi R 8 mit seinen mehr als 600 PS zuerst pilotieren möchte. Der später sich dazu gesellende Ehemann quittiert den Mut und die Bereitschaft, dafür in der Kälte und im Schneefall auszuharren, mit einem anerkennenden Lächeln.
An der Übungsstrecke angekommen, zeigt sich diese in einem einer Skipiste gleichen Zustand. Aufgeraut durch eine Pistenraupe, mit kleiner Eiskörnung, verschafft sie den mit modernen Winterreifen bestückten Fahrzeugen zu Beginn noch die Gelegenheit, Antriebskraft in Vortrieb umzusetzen. Im Laufe des Tages wird sich der Zustand der Piste erheblich ändern, von griffig in nahezu spiegelglatt. Doch die Streckenbreite ist ausreichend bemessen.
Brems- und Ausweichmanöver sowie geführte Fahrten auf unterschiedlichen Rundkursen stehen auf dem Programm. Aus dem Renn- und Rallyesport kommende Instruktoren stehen in regelmäßigem Funkkontakt mit den Fahrerinnen und Fahrern und belobigen diese stetig oder geben Hinweise zur Verbesserung des eigenen Fahrverhaltens. Immer wieder werden Blickführung und Lenkradhaltung angemahnt, sind sie doch vielfach die Ursache, dass der Fahrzeuglenker das Fahrzeug „verliert“. Ein Dreher folgt auf dem Fuß.
Ein Ausweichmanöver bei 60 Stundenkilometer auf einer spiegelglatten Fahrbahn gefahren, beweist die Fähigkeiten moderner Fahrsicherheitssysteme, insbesondere dann, wenn die Systeme für einzelne Übungseinheiten ausgeschaltet sind.
Die Fahrzeuge werden regelmäßig gewechselt. Am Ende des Tages werden alle Teilnehmer alle Fahrzeuge zum Teil mehrfach gefahren sein. In den Diskussionen in den Pausen werden Eindrücke zu den Eigenheiten der Fahrzeuge diskutiert, Favoriten kristallisieren sich heraus und das sind keinesfalls die leistungsstärksten. Motorleistung relativiert sich stark auf glattem Untergrund.
So paart sich das Erlernen der Fahrzeugbeherrschung mit einem besonderen Spaßfaktor und einem Rahmenprogramm, das in Summe die Qualität eines Kurzurlaubs annimmt.
Natürlich müssen dafür deutlich höhere Kosten aufgewendet werden, was sich bereits in der Gestellung der Fahrzeuge begründet, denn schließlich bleibt das eigene Auto vom Ausritt in den die Strecke begrenzenden Tiefschnee verschont und damit auch von einer Kaltverformung.
Jeder für sich mag entscheiden, was er für seine Fahrsicherheit aufwenden möchte, jedoch sollte das regelmäßige Üben einen Platz im Leben einer Autofahrerin oder eines Autofahrers unabhängig vom Alter haben. Für alle diejenigen, die schon immer auf der Suche nach dem besonderen Geburtstagsgeschenk waren oder sind, sei ein Fahrsicherheitstraining, auch als Gemeinschaftsgeschenk, gerne empfohlen.